Der völlig verrückte Zirkus - eine verrückte Geschichte für Kinder
- Michael Mücke

- 8. Sept.
- 4 Min. Lesezeit

Es war einmal ein Zirkus, der war so anders als alle anderen, dass man ihn den völlig verrückten Zirkus nannte. Er stand nicht immer an derselben Stelle, sondern tauchte plötzlich irgendwo auf. Mal mitten in einer Wiese voller Sonnenblumen, mal direkt neben einem verschlafenen Dorf, mal sogar am Strand, wo die Wellen gegen das Zelt plätscherten.
Niemand wusste jemals, wann er erscheinen würde, und niemand konnte sich erklären, wie er überhaupt dorthin gekommen war. Doch sobald das rot-weiß gestreifte Zelt seine funkelnden Lampen einschaltete, kamen die Menschen von überall hergerannt, um diese seltsame und wunderbare Show zu erleben.
Schon beim Betreten merkte man, dass hier nichts normal war. Statt Popcorn gab es Zuckerwatte in allen Farben, und sie schwebte in der Luft wie kleine Wolken, die man einfach pflücken konnte. Statt Eintrittskarten bekamen die Gäste kleine Papierschmetterlinge, die sich sofort auf die Schultern setzten und leise flüsterten: „Willkommen, gleich geht’s los!“
Im Inneren roch es nach Vanille, Zimt und ein bisschen nach Regen. Überall hingen Girlanden aus Lichtern, die nicht nur leuchteten, sondern ab und zu lachten, wenn jemand sie berührte.
Auf den Sitzen lagen dicke, gemütliche Kissen, die jeden Zuschauer kitzelten, sobald er sich hinsetzte. Und ganz vorne, mitten in der Manege, stand der Direktor mit seinem berühmten Zylinder, der niemals still war.
„Meine Damen und Herren, willkommen, willkommen, willkommen!“ rief der Direktor. Doch sofort ertönte es aus dem Hut: „Ach, red nicht so viel! Die Leute wollen Spaß, keine langweiligen Ansagen!“
Die Kinder lachten und klatschten, und der Direktor musste mit gespielter Strenge sagen: „Sei still, Zylinder, sonst steck ich dich heute Abend in die Waschmaschine!“
Die Show begann wie immer mit dem Löwen Leopold. Doch er war kein gefährlicher Löwe, sondern ein musikalisches Genie.
Statt zu brüllen, pfiff, summte und trällerte er Melodien, die er sich selbst ausgedacht hatte. Heute holte er eine glitzernde Flöte hervor und erklärte stolz: „Heute spiele ich das Konzert der unsichtbaren Vögel!“
Und als er die ersten Töne spielte, hörte man tatsächlich Vogelgezwitscher, obwohl gar keine Vögel zu sehen waren. Die Zuschauer reckten ihre Köpfe nach oben, doch über ihnen war nur das Zelt, das leise mitzwitscherte.
Nach ihm kam die Elefantendame Rosalie. Sie hatte rosa Tupfen auf den Ohren und ein Band aus bunten Luftballons an ihrem Schwanz. Sie wackelte fröhlich in die Manege und rief: „Heute fliege ich bis in die Sterne!“
Alle lachten, doch plötzlich schwebte sie wirklich nach oben. Immer höher stieg sie, bis sie fast die Decke berührte.
Dann ließ sie mit ihrem Rüssel Konfetti regnen, das nach Erdbeeren schmeckte. Die Kinder hielten ihre Hände auf und riefen begeistert: „Rosalie, komm bald wieder runter!“
Danach erschien der Clown Schnuffel. Er stolperte natürlich zuerst über seine eigenen Füße, fiel hin, stand wieder auf und sagte: „Absicht, das war nur Absicht!“
Dann griff er tief in seinen Hut und zog nacheinander die verrücktesten Dinge heraus: einen Frosch, der Geige spielte, einen Regenschirm, aus dem Schokolade tropfte, und schließlich einen riesigen Wecker, der laut rief: „Aufwachen, alle! Showtime!“
Doch Schnuffel war noch nicht fertig. Er drehte sich dreimal im Kreis, pustete in eine Trillerpfeife, und plötzlich liefen hundert winzige Mäuse herein.
Jede Maus hatte ein winziges Instrument dabei: Trompeten, Trommeln, Geigen und sogar kleine Harfen. Sie stellten sich auf und begannen ein Konzert, so laut und fröhlich, dass die Leute aufsprangen und tanzten. Der Direktor schüttelte den Kopf, aber man sah ihm an, dass er selbst kaum stillhalten konnte.
Als Nächstes betrat die Giraffe Frieda die Manege. Ihr Hals war so lang, dass sie mühelos die Lichter oben anknipsen konnte. Heute jedoch hatte sie bunte Teller mitgebracht und stapelte sie auf ihrem Kopf.
Eins, zwei, drei, vier, fünf – und die Teller blieben einfach liegen, egal wie sehr sie den Hals drehte. Schließlich grinste sie und sagte: „Noch einer passt drauf!“
Das Publikum hielt den Atem an, und tatsächlich legte sie noch einen Teller dazu. Danach beugte sie sich nach unten und flüsterte den Kindern zu: „Aber probiert das bitte nicht zu Hause!“
Doch der Höhepunkt war wie immer die große gemeinsame Nummer. Plötzlich ging das Licht aus, und nur ein Spot strahlte in die Manege.
Man hörte Trommeln, Trompeten, Flöten und dazu das Rascheln von Ballons. Dann kam alles gleichzeitig: Rosalie schwebte mit tausend bunten Ballons, Leopold spielte seine Flöte, Frieda jonglierte mit Tellern, Schnuffel zog Kissen aus seinem Hut, auf denen die Kinder aufspringen durften, und die Mäuse dirigierten das Orchester.
Der Zylinder des Direktors rief: „Mehr, mehr, mehr!“, während er selbst in die Höhe sprang und wie ein Feuerwerk Funken sprühte.
Die Manege verwandelte sich in ein riesiges Durcheinander voller Musik, Farben und Lachen. Doch es war ein schönes Durcheinander, bei dem sich alle wohlfühlten. Kein Zuschauer blieb sitzen – alle klatschten, sangen oder tanzten mit.
Am Ende, wenn die Musik leiser wurde und die Lichter langsam erloschen, trat der Direktor nach vorne. Mit tiefer Stimme sprach er: „Meine lieben Gäste, der völlig verrückte Zirkus verabschiedet sich für heute. Doch vergesst nicht: Wo immer ihr morgen träumt, wir könnten schon dort auf euch warten.“
Der Hut murmelte verschlafen: „Und bringt bitte Kekse mit!“, woraufhin das Publikum noch einmal laut lachte.
Dann verneigten sich alle: der Löwe mit seiner Flöte, Rosalie mit ihren Ballons, Frieda mit ihrem Hals voller Teller, Schnuffel mit seinem unerschöpflichen Hut, die Mäuse mit ihren Instrumenten und natürlich der Direktor mit seinem frechen Zylinder. Und während die Menschen nach Hause gingen, trugen sie das Lachen, die Musik und die bunten Bilder tief in ihren Herzen.
Die Kinder schliefen später glücklich ein, und in ihren Träumen tauchte das große rot-weiße Zelt wieder auf, irgendwo zwischen Sternenhimmel und Regenbogen. Und dort wartete schon der völlig verrückte Zirkus auf sie, bereit für das nächste Abenteuer.




