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Lillis Freundschaft mit dem Regenbogen - Kinder-Gute-Nacht-Geschichte

  • Autorenbild: Michael Mücke
    Michael Mücke
  • 21. Mai
  • 4 Min. Lesezeit

Lilli steht auf der Wiese mit dem Regenbogengeist

Es war einmal ein kleines Mädchen namens Lilli, das in einem abgelegenen Dorf am Rande eines großen, moosbedeckten Waldes lebte. Ihr Zuhause war ein kleines Häuschen mit blau gestrichenen Fensterläden, einem knarrenden Dachboden und einem Garten voller wilder Blumen, die jeden Morgen in der Sonne glitzerten, als wären sie mit Sternenstaub bestäubt.


Lilli war ein fröhliches, sanftes Kind mit wachen Augen und einem Herzen, das für jede noch so kleine Schönheit schlug. Sie konnte stundenlang im Gras liegen, die Wolken zählen, die Formen darin erraten und sich Geschichten ausdenken, die so bunt waren wie die Märchen in ihrem Lieblingsbuch.


Eines Nachmittags, kurz nachdem ein warmer Sommerregen über das Dorf hinweggezogen war, stand Lilli barfuß im nassen Gras und atmete tief die frische Luft ein. Der Regen hatte kleine Pfützen hinterlassen, in denen sich der Himmel spiegelte, und ein leiser Duft nach nassem Holz lag in der Luft.


Als sie den Kopf hob, sah sie ihn: einen prächtigen, riesigen Regenbogen, der sich vom einen Ende des Waldes bis zum anderen spannte. Seine Farben waren so lebendig, dass sie beinahe wie gemalt wirkten – sattes Rot, leuchtendes Orange, strahlendes Gelb, beruhigendes Grün, tiefes Blau, geheimnisvolles Indigo und zartes Violett.


„Du bist der schönste Regenbogen, den ich je gesehen habe,“ flüsterte Lilli ehrfürchtig.


In diesem Moment geschah etwas Magisches. Die Farben am unteren Ende des Regenbogens begannen zu flimmern, wie ein Licht, das lebendig wird. Plötzlich löste sich ein schimmernder Punkt daraus, tanzte durch die Luft wie ein winziger Komet und schwebte sanft zu Lilli hinunter.


Vor ihren Augen formte sich aus dem Licht eine Gestalt – zart, funkelnd, halb aus Farben, halb aus Wind. Es war ein Wesen, wie Lilli es sich nie hätte erträumen können. Es hatte Haare, die in allen Farben des Regenbogens glänzten, ein langes Gewand aus fließendem Licht, das mit jedem Schritt leise klang wie Glöckchen, und Augen, die tief und freundlich wie der Sommerhimmel waren.


„Ich habe dich schon lange beobachtet, Lilli,“ sagte das Wesen mit einer Stimme, die wie eine Melodie klang.


„Mein Name ist Liora. Ich bin ein Regenbogengeist.“


Lilli blinzelte verwundert. „Ein Regenbogengeist? Aber ich dachte, ihr seid nur in Geschichten echt.“


Liora lächelte geheimnisvoll. „Nur für die, die bereit sind, mit dem Herzen zu sehen.“


Von diesem Moment an begann eine Freundschaft, die so besonders war, dass selbst die Blumen im Garten am nächsten Morgen etwas bunter blühten. Liora nahm Lilli bei der Hand, und gemeinsam liefen sie – oder vielmehr glitten sie – auf dem Licht des Regenbogens hinauf in den Himmel.


Die Welt von oben sah ganz anders aus. Der Wald unter ihnen sah aus wie ein riesiger grüner Teppich, und das Dorf war nur ein winziger Fleck zwischen den Wiesen.


Sie glitten durch weiche Wolken, die dufteten wie Zuckerwatte, und überall flogen funkelnde Lichtwesen um sie herum – kleine Himmelsvögel aus Sternenstaub, schwebende Glühwürmchen mit Musik in den Flügeln und sanfte Windgeister, die in fremden Sprachen flüsterten.


Liora zeigte Lilli das Regenbogenhaus, ein Palast aus flüssigem Licht, versteckt zwischen den Farben des Bogens. Die Wände waren durchsichtig wie Wasser, und darin tanzten Farben, die man auf der Erde nie gesehen hatte. Dort lebten andere Regenbogenwesen, jedes mit seiner eigenen Aufgabe.


Da war Auril, der Wächter der Tropfen, der dafür sorgte, dass jeder Regenbogen genau zur richtigen Zeit erschien. Es gab auch Flina, die Träumerin in Violett, die Geschichten aus vergessenen Zeiten erzählte und mit den Sternen sprach. Und dann war da noch Miro, ein winziger, neugieriger Geist, der auf Farbstrahlen surfte und überall kichernd auftauchte, wo man es am wenigsten erwartete.


„Wir sind die Hüter der Farben,“ erklärte Liora eines Abends, während sie mit Lilli auf einer schwebenden Plattform aus Licht saß. „Wir bringen Hoffnung nach dem Sturm. Und nur wenige Menschen dürfen uns sehen.“


Lilli fühlte sich besonders, aber nie überheblich. Sie wusste, dass ihre Freundschaft mit Liora etwas war, das man nicht besitzen, sondern nur mit dem Herzen bewahren konnte. Sie stellte viele Fragen – über Licht, über das Wetter, über Träume und darüber, warum manche Regenbögen doppelt erscheinen.


„Ein doppelter Regenbogen zeigt, dass zwei Herzen im Einklang sind – eines in der Welt der Menschen, eines in unserer Welt,“ antwortete Liora mit einem liebevollen Blick.


Die Zeit verging, und jedes Mal, wenn es regnete und die Sonne wieder hervorblinzelte, erschien Liora. Sie holte Lilli ab, und gemeinsam erlebten sie Abenteuer, von denen kein anderes Kind je geträumt hätte: Sie reisten auf einem Tropfen durch das Herz einer Wolke, tauchten in einen Lichtsee am Ende des Regenbogens, wo sich alle Farben der Welt sammelten, und hörten den Regen flüstern, wenn er auf die Blätter fiel.


Doch eines Tages blieb der Regen aus. Der Himmel war tagelang klar, keine Wolken zogen auf, und die Sonne brannte trocken auf die Felder. Lilli wartete, und mit jedem Tag wurde ihre Sehnsucht größer.


Sie zeichnete mit bunter Kreide Regenbögen auf die Straße, sang leise Lieder am Fenster, in der Hoffnung, Liora würde sie hören. Aber der Himmel blieb leer.

Eines Abends, als sie besonders traurig war, legte sie sich in ihr Bett, zog die Decke bis ans Kinn und schloss die Augen.


Tränen liefen ihr über die Wangen, und sie flüsterte:

„Liora, ich vermisse dich.“


Da spürte sie plötzlich einen kühlen Hauch im Zimmer. Ein zarter Lichtschimmer erfüllte das Dunkel, und eine vertraute Stimme sagte:

„Ich bin immer bei dir, Lilli. Auch wenn du mich nicht sehen kannst. Unsere Freundschaft lebt in deinem Herzen.“


Lillis Augen füllten sich mit neuen Tränen, aber diesmal waren es Tränen der Freude. Sie wusste, dass sie Liora wiedersehen würde – vielleicht schon beim nächsten Regen. Bis dahin würde sie die Farben in sich tragen.


Sie schloss die Augen, hörte noch einmal das ferne Flüstern des Windes, der wie Musik klang, und versank in einen tiefen, bunten Traum, in dem sie wieder auf Regenbogenstrahlen ritt und durch den Himmel lachte.


Und draußen, ganz oben am Firmament, begann sich eine neue Wolke zu sammeln, als wolle der Himmel sagen: Bald.

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