Lotti und die Vorbereitung auf den Winter - eine wunderbare Gute-Nacht-Geschichte
- Michael Mücke

- 13. Okt.
- 3 Min. Lesezeit

Im großen, bunten Herbstwald raschelte das Laub, und über den Baumwipfeln tanzten goldene Sonnenstrahlen. Zwischen den hohen Buchen und Eichen sprang ein kleines, flinkes Eichhörnchen namens Lotti.
Sie hatte ein weiches, rotbraunes Fell, einen buschigen Schwanz und neugierige, dunkle Augen. Lotti war fröhlich und klug, aber sie wusste, dass die Zeit des Spielens bald vorbei war. Der Winter würde kommen, und dafür musste sie gut vorbereitet sein.
„Oh je, wie schnell doch die Blätter fallen,“ murmelte Lotti und sah zu, wie der Wind eine Handvoll goldener Blätter durch die Luft wirbelte. „Ich muss anfangen, Vorräte zu sammeln, sonst finde ich im Winter nichts zu essen!“
Mit einem entschlossenen Sprung hüpfte sie von Ast zu Ast. Unter einem alten Ahornbaum fand sie die ersten Nüsse. Es waren glänzende Haselnüsse, die in der Sonne schimmerten.
Lotti nahm eine in ihre kleinen Pfoten, drehte sie prüfend hin und her und nickte zufrieden. „Die kommt in mein Winterlager,“ sagte sie stolz.
Sie grub ein kleines Loch in den weichen Waldboden, legte die Nuss hinein und bedeckte sie sorgfältig mit Moos und Blättern.
Doch Lotti wusste, dass sie sich gut merken musste, wo sie alles vergrub. Der Winter war lang, und ein Eichhörnchen, das seine Verstecke vergaß, konnte hungrig werden.
Nach einer Weile hörte Lotti ein Rascheln hinter sich. Als sie sich umdrehte, sah sie ihren besten Freund, den kleinen Vogel Fips. Fips war eine Meise mit blauen und gelben Federn, die stets fröhlich zwitscherte. „Hallo Lotti!“ piepste er fröhlich. „Was machst du da unten?“
„Ich sammle Vorräte,“ antwortete Lotti und strich sich ein Blatt aus dem Fell. „Der Winter kommt bald, Fips. Willst du mir helfen?“
Fips nickte eifrig. Gemeinsam suchten sie nach Nüssen, Eicheln und Bucheckern. Fips konnte wunderbar fliegen und von oben die besten Plätze entdecken. Lotti wiederum konnte flink klettern und das Verstecken übernehmen. So arbeiteten die beiden Freunde Hand in Hand, oder besser gesagt: Flügel in Pfote.
Während die Sonne langsam tiefer sank, kamen auch andere Tiere des Waldes vorbei. Der Igel Ivo rollte über den Waldboden und schnüffelte neugierig.
„Ich suche nach einem kuscheligen Ort für meinen Winterschlaf,“ sagte er schläfrig. „Wenn ihr ein schönes, trockenes Plätzchen findet, sagt mir bitte Bescheid.“
„Natürlich, Ivo,“ versprach Lotti freundlich. „Wir helfen dir, einen guten Platz zu finden.“
Zusammen suchten sie weiter, bis sie eine kleine Höhle unter einem Wurzelstock fanden. Dort legten sie ein paar trockene Blätter und Moos hinein, damit es weich und warm wurde. Ivo war überglücklich. „Danke, meine Freunde,“ schnaufte er zufrieden. „Jetzt kann der Winter kommen.“
Am nächsten Tag, als der Morgennebel zwischen den Bäumen hing, bemerkte Lotti, dass der Wind kälter geworden war. Sie zog ihren buschigen Schwanz über den Rücken und spitzte die Ohren. In der Ferne hörte sie das Gackern der Gänse, die sich auf ihre Reise in den Süden vorbereiteten. „Bald ist es wirklich soweit,“ flüsterte sie leise.
Lotti wollte noch etwas Besonderes tun, bevor der Winter kam.
Ganz hinten im Wald gab es eine alte, vergessene Eiche. Niemand traute sich dorthin, weil man sagte, dort wohne ein alter, weiser Kauz. Lotti war neugierig. „Vielleicht weiß der Kauz, wie man sich am besten auf den Winter vorbereitet,“ dachte sie mutig.
Sie machte sich auf den Weg. Der Boden war bedeckt mit bunten Blättern, die bei jedem Schritt raschelten. Als sie ankam, sah sie tatsächlich den alten Kauz auf einem Ast sitzen. Sein Gefieder war grau und weiß gesprenkelt, und seine Augen leuchteten bernsteinfarben im Dämmerlicht.
„Guten Abend, Herr Kauz,“ rief Lotti höflich. „Ich bin Lotti und bereite mich auf den Winter vor. Haben Sie vielleicht einen Rat für mich?“
Der Kauz drehte langsam den Kopf und sprach mit tiefer, ruhiger Stimme: „Kleines Eichhörnchen, du tust gut daran, Vorräte zu sammeln. Doch vergiss nicht, dass Wärme und Freundschaft ebenso wichtig sind wie Nüsse und Eicheln.“
Lotti nickte nachdenklich. „Wärme und Freundschaft?“ wiederholte sie leise. „Das stimmt, Fips und Ivo helfen mir, und wir passen aufeinander auf.“
Der Kauz lächelte weise. „Dann wird dein Winter nicht nur sicher, sondern auch schön. Der Wald ist kalt, doch Herzen, die füreinander schlagen, bringen Licht in die Dunkelheit.“
Lotti bedankte sich herzlich und lief zurück zu ihren Freunden. Sie erzählte ihnen, was der Kauz gesagt hatte, und alle fühlten sich glücklich und geborgen. Gemeinsam beschlossen sie, sich gegenseitig zu besuchen, wenn der Schnee fiel.
Als die ersten kalten Nächte kamen, hatte Lotti viele Vorräte gesammelt. Ihr Nest in der alten Buche war warm und gemütlich. Draußen glitzerten die Sterne, und der Wind flüsterte durch die kahlen Äste. Lotti kuschelte sich in ihr weiches Moosbett und lächelte.
„Ich bin bereit für den Winter,“ murmelte sie schläfrig. „Und ich bin nicht allein.“
Mit diesem Gedanken schloss Lotti ihre Augen, während draußen der Herbst leise dem Winter Platz machte und der Wald in friedlicher Stille ruhte.




