top of page

Die Kastanienmännchen vom Haardwald - eine zauberhafte Gute-Nacht-Geschichte

  • Autorenbild: Michael Mücke
    Michael Mücke
  • 21. Sept.
  • 4 Min. Lesezeit
Die kastannienmännchen sitzen zusammen im Wald am Lagerfeuer

Es war einmal ein Wald, der so alt war, dass niemand mehr wusste, wann er zum ersten Mal gewachsen war. Die Menschen nannten ihn den Haardwald, und in seinem Inneren lag ein Geheimnis, das nur die aufmerksamsten Kinder ahnen konnten. Zwischen moosbewachsenen Steinen, Wurzeln, die wie kleine Brücken über den Waldboden ragten, und Blättern, die im Wind tanzten, lebten die Kastanienmännchen.


Sie waren winzig, kaum größer als eine Hand, hatten runde Körper aus Kastanien, Arme und Beine aus dünnen Stöckchen und manchmal trugen sie Hüte aus Eichelkappen. Ihre Augen funkelten wie kleine Sterne, wenn sie lachten, und ihr Lachen klang wie das Rascheln von trockenem Herbstlaub im Wind.


Die Kastanienmännchen waren nicht einfach da, um zu spielen oder sich zu verstecken. Jedes einzelne von ihnen hatte eine wichtige Aufgabe, ohne die der Wald nicht in Harmonie leben konnte. Es gab Männchen, die den Regen auffingen, andere, die das Sonnenlicht sammelten, und wieder andere, die den Tieren halfen, Nahrung zu finden.


Manche sorgten dafür, dass die Bäume ihre Blätter im richtigen Moment abwarfen, und manche kümmerten sich sogar um die allerkleinsten Lebewesen, wie Ameisen oder Regenwürmer. Nichts war ihnen zu klein oder unbedeutend, denn sie wussten: Jeder Teil des Waldes war wichtig.


Ein besonders lebhaftes Kastanienmännchen hieß Karo. Er trug eine winzige Eichelkappe schief auf dem Kopf und sprang stets fröhlich umher. Karo hatte die Aufgabe, die Blätter mit Farben zu bemalen, wenn der Herbst nahte.


Mit einem unsichtbaren Pinsel, den nur die Männchen sehen konnten, strich er feine Muster über die Blätter: golden, orange, rot und manchmal sogar ein tiefes Violett. „Seht nur, wie schön die Welt wird, wenn wir ihr unsere Liebe schenken!“, rief Karo immer, während er kichernd über die Äste kletterte.


Dann gab es Tilla, die Wächterin der Nacht. Sie war ernsthafter als Karo, aber ihre Stimme war sanft und warm. Sie trug eine kleine Laterne, die aus Glühwürmchenlicht bestand. Diese Laterne leuchtete nie zu hell, sondern genau richtig, damit alle Tiere beruhigt einschlafen konnten.


Tilla sorgte auch dafür, dass die Sterne am Himmel weiterfunkelten, und manchmal, wenn ein Stern besonders hell glänzte, war es Tilla, die ihn entzündet hatte. „Ohne Ruhe gibt es keinen neuen Tag,“ sagte sie oft, und wenn sie sprach, hörten sogar die Käuzchen andächtig zu.


Und dann war da Finn, der Sammler. Finn war neugierig, flink und hatte ein Herz, das vor Freude hüpfte, wenn er etwas Neues entdeckte. Er sammelte alles, was der Wald ihm schenkte: verlorene Federn, glänzende Steine, winzige Zapfen, schillernde Käferflügel. Daraus bastelte er kleine Schätze, die er manchmal am Waldrand ablegte.


Dort fanden Kinder sie und dachten, sie hätten einfach nur Glück gehabt. Doch in Wahrheit war es Finn, der ihnen zeigen wollte: „Alles hat seinen Wert, auch wenn es klein erscheint.“


Aber die Gemeinschaft der Kastanienmännchen war noch größer. Da war Mira, die Geschichtenerzählerin. Sie saß oft unter einer alten Buche, und die anderen Männchen versammelten sich um sie, wenn der Tag zu Ende ging.


Mira erzählte Geschichten von vergangenen Zeiten, von Eichhörnchen, die einst den ganzen Wald durchqueren konnten, ohne den Boden zu berühren, weil die Bäume so dicht standen.


Sie sprach auch von geheimnisvollen Tieren, die längst verschwunden waren, und von Träumen, die im Wind schwebten. Ihre Worte waren so weich wie das Moos am Boden, und viele Männchen schliefen dabei ein.


Es gab auch Rumo, den Wurzelhüter. Er war besonders kräftig und trug anstelle einer Eichelkappe ein Stückchen Rinde auf dem Kopf. Rumo sorgte dafür, dass die Wurzeln der Bäume geschützt waren, bedeckte sie mit Moos, wenn die Sonne zu stark brannte, und räumte Erde darüber, wenn der Regen sie freispülte.


„Die Wurzeln sind das Herz des Waldes,“ murmelte er immer, und er sprach mit solcher Ruhe, dass alle ihm zustimmten.


Eines Abends, als der Vollmond den Himmel mit silbernem Licht übergoss, versammelten sich die Kastanienmännchen auf einer großen Lichtung. Der Herbst stand vor der Tür, und das bedeutete, dass ihre wichtigste Zeit begann.


Karo brachte seinen Pinsel, Tilla stellte ihre Glühwürmchenlaterne in die Mitte, Finn kam mit einem Beutel voller gesammelter Schätze, Mira hatte neue Geschichten vorbereitet, und Rumo schleppte ein Stück Moos, das so weich war wie ein Kissen.


„Heute Nacht müssen wir alle zusammenarbeiten,“ sagte Tilla feierlich. „Der Wald braucht unsere Fürsorge, denn ohne uns verliert er seine Farben, seine Ruhe und seine Stärke.“


Die Männchen nickten und machten sich ans Werk. Karo kletterte flink von Ast zu Ast und tauchte die Blätter in Farben, die im Mondlicht wie Juwelen funkelten. Tilla hob ihre Laterne hoch und sandte kleine Lichtfunken in den Himmel, die sich in Sternen verwandelten.


Finn verteilte Eicheln an die Eichhörnchen und legte kleine Schätze für Kinder bereit. Mira erzählte währenddessen Geschichten, die die Luft mit Wärme füllten, und Rumo bedeckte die Wurzeln der ältesten Bäume mit weichem Moos, damit sie sicher durch den Winter kamen.


Die ganze Nacht arbeiteten sie, und der Wald wurde lebendig. Die Bäume rauschten dankbar, die Tiere schliefen friedlich, und selbst der Wind klang wie ein Lied.


Als die Sonne langsam aufging und den Himmel rosa färbte, setzten sich die Kastanienmännchen müde, aber glücklich, auf einen großen Baumstumpf. Sie betrachteten ihr Werk und lächelten zufrieden.


„Keiner ist wichtiger als der andere,“ flüsterte Karo, und seine Worte hallten in allen Herzen nach. „Nur gemeinsam können wir den Wald beschützen.“


Die Männchen legten ihre kleinen Hände ineinander und spürten die Wärme der Gemeinschaft. Dann krochen sie in ihre Verstecke aus Moos, Blättern und Rinde, wo sie am Tag schliefen und von neuen Abenteuern träumten.


Und wenn man ganz still durch den Haardwald spazierte, konnte man manchmal das Rascheln ihrer Arbeit hören, ein leises Kichern im Wind, oder vielleicht sogar ein Kastanienmännchen, das flink über den Boden huschte. Doch nur die, die wirklich daran glaubten, konnten sie sehen.


Denn solange Kinder träumen, leben die Kastanienmännchen vom Haardwald weiter, Nacht für Nacht, mit Liebe und Freude in ihren Herzen.

Schlummerpiraten Newsletter

Herzlich Willkommen und Danke!

Keine Sorge, ich bombardieren dich nicht mit E-Mails! Der Newsletter kommt nur einmal pro Woche und enthält eine liebevolle Zusammenfassung der neuesten Gute-Nacht-Geschichten.
Bei der Anmeldung erhältst du 100 Ausmalseiten und die erste Geschichte des Buches "Ich bin wertvoll", als kleines Dankeschön.

Alle Anfragen an: schlummerpiraten@gmail.com

© 2025 by Michael

bottom of page