Der kleine Elefant Timbo - Eine Geschichte über Mut
- Michael Mücke
- 17. Juli
- 4 Min. Lesezeit

Es war einmal ein kleiner Elefant namens Timbo, der in einem weiten, grünen Dschungel lebte. Der Dschungel war ein magischer Ort, voller Geheimnisse und Abenteuer, die darauf warteten, entdeckt zu werden. Timbo war der jüngste Elefant in seiner Herde und war noch nicht so groß wie die anderen. Aber er war neugierig und hatte ein großes Herz. Jeden Tag zog er los, um neue Dinge zu erleben. Die Bäume waren hoch und stark, die Blätter glitzerten im Sonnenlicht, und die bunten Vögel zwitscherten fröhlich in den Zweigen.
Timbo liebte es, dem Plätschern des Baches zu lauschen und die Schmetterlinge zu beobachten, die wie kleine, bunte Juwelen durch die Luft flatterten. Aber es gab da ein Problem. Timbo war nicht wie die anderen Elefanten.
Wenn die Sonne langsam hinter den Baumwipfeln verschwand und der Himmel von einem sanften Orange in ein tiefes Blau überging, fühlte sich Timbo plötzlich ganz anders. Der Dschungel, der tagsüber so lebendig und freundlich war, verwandelte sich bei Nacht in einen geheimnisvollen Ort. Die Dunkelheit schlich sich in die Ecken und Schatten, und Timbo hatte manchmal das Gefühl, dass dort etwas lauern könnte.
Die anderen Elefanten schienen keine Angst zu haben. Sie schliefen friedlich unter den Sternen, ihre riesigen Körper im Mondlicht glänzend. Aber Timbo konnte nicht einfach einschlafen, wenn es dunkel wurde. Er drehte sich von einer Seite zur anderen und lauschte den Geräuschen der Nacht. Manchmal hörte er das Knacken eines Astes oder das Rascheln der Blätter, und er konnte sich nie sicher sein, was es war.
„Was ist, wenn etwas Gefährliches in der Dunkelheit lauert?“ fragte er sich immer wieder. „Was, wenn ich nicht schnell genug wegrennen kann?“
An einem dieser Abende, als der Himmel sich in ein sanftes Violett tauchte und der Mond in seiner vollen Pracht aufging, hörte Timbo plötzlich ein leises Wimmern. Er spitzte die Ohren und lauschte genauer. Es kam aus der Nähe des Flusses, wo die Bäume besonders dicht standen und der Nebel sanft über dem Wasser schwebte.
„Was war das?“ dachte Timbo und stand auf. Vorsichtig schlich er durch das hohe Gras, das unter seinen Füßen raschelte. Der Mond warf lange Schatten, und der Dschungel schien noch stiller als sonst. Aber das Wimmern war immer noch da.
Als Timbo näher kam, entdeckte er ein kleines, zitterndes Kaninchen, das an einem großen Felsen saß. Es hatte die Ohren fest an den Kopf gepresst, als wolle es sich vor der Dunkelheit verstecken. „Oh nein, was ist mit dir passiert?“ fragte Timbo besorgt, als er vor dem Kaninchen stand.
Das Kaninchen schniefte und blickte auf. „Ich habe mich verirrt. Ich wollte nur zum anderen Ufer des Flusses, aber ich habe den Weg nicht mehr gefunden. Ich hatte solche Angst, dass ich einfach hier sitzen geblieben bin.“
Timbo betrachtete das kleine Kaninchen mitfühlend. „Du hast dich also im Dunkeln verirrt. Aber keine Sorge, ich werde dir helfen, wieder nach Hause zu kommen.“
Das Kaninchen sah ihn skeptisch an. „Aber der Fluss ist so breit, und der Strom ist so stark. Wie kannst du mir helfen? Du bist doch so klein und zart.“
Timbo lächelte und setzte sich neben das Kaninchen. „Ich mag vielleicht klein sein, aber ich habe ein großes Herz. Und das ist oft mehr wert als alles andere.“
Er dachte kurz nach. „Ich werde dir helfen, den Fluss zu überqueren. Ich bin vielleicht nicht der Größte, aber ich bin mutig. Zusammen schaffen wir das.“
Das Kaninchen blinzelte überrascht, aber dann nickte es. „Du hast Recht. Ich glaube, wenn wir zusammenarbeiten, können wir es schaffen.“
Timbo erhob sich und ging zum Rand des Flusses. Der Fluss war breit und das Wasser schimmerte im Mondlicht, aber die Strömung war stark und die Felsen glitten wie dunkle Schatten im Wasser. „Es sieht vielleicht schwierig aus, aber ich kenne den Fluss gut. Ich werde einen Weg finden.“ sagte Timbo entschlossen.
Er schaute sich um und entdeckte einen dicken, alten Baumstamm, der über das Wasser ragte. „Das ist unsere Brücke!“ rief er. „Wenn wir vorsichtig sind, können wir darüber gehen.“
Timbo kletterte auf den Baumstamm und zeigte dem Kaninchen, wie es ihm folgen sollte. „Ich werde vorangehen, du folgst mir, Schritt für Schritt. Wenn du fällst, werde ich dich auffangen.“
Das Kaninchen zögerte einen Moment, aber dann sprang es vorsichtig hinter Timbo her. Der Baumstamm war rutschig und schwankte ein wenig, als der Wind durch die Blätter rauschte, aber Timbo war ruhig und sicher. „Du kannst das! Du bist stärker, als du denkst!“ sagte er immer wieder, um das Kaninchen zu ermutigen.
Schließlich erreichten sie das andere Ufer. Das Kaninchen sprang von dem Baumstamm und drehte sich zu Timbo um. „Du hast mir wirklich geholfen! Ich hatte solche Angst, aber jetzt fühle ich mich sicher. Ich hätte es nie ohne dich geschafft.“
Timbo nickte lächelnd. „Es war gar nicht so schwer, oder? Mut kommt nicht von der Größe oder Stärke, sondern davon, sich seinen Ängsten zu stellen und trotzdem zu handeln.“
Das Kaninchen sah Timbo mit großen Augen an. „Du bist der mutigste Elefant, den ich kenne. Ich habe immer geglaubt, dass man nur dann mutig ist, wenn man keine Angst hat. Aber du hast mir gezeigt, dass es auch bedeutet, trotz der Angst weiterzumachen.“
Timbo sah zu den Sternen hinauf und dachte nach. „Ja, es ist in Ordnung, Angst zu haben. Aber man darf sich nicht von ihr aufhalten lassen.“ Er streckte dem Kaninchen die Hand aus und half ihm, über ein paar Felsen zu klettern, die zum Pfad führten, der zum Kaninchenbau führte. „Du kannst alles schaffen, wenn du daran glaubst.“
Bevor sie sich verabschiedeten, sagte das Kaninchen noch: „Danke, Timbo. Du wirst immer mein Held sein.“
Timbo winkte zum Abschied, als das Kaninchen sicher in seinen Bau verschwand. Er fühlte sich stolz, aber auch ein kleines bisschen müde. Der Dschungel war jetzt still, und der Mond schien noch heller als zuvor. „Es ist erstaunlich,“ dachte Timbo, „wie viel Mut man manchmal braucht, um das zu tun, was richtig ist.“
Als Timbo schließlich zu seiner Herde zurückkehrte, legte er sich unter den Sternenhimmel. Der Dschungel war ruhig, und die Geräusche der Nacht schienen jetzt nicht mehr so beängstigend.
„Ich habe heute gelernt, dass Mut nicht immer bedeutet, keine Angst zu haben. Es bedeutet, die Angst zu überwinden und trotzdem zu handeln.“
Mit diesen Gedanken schlief Timbo ein. Der Dschungel um ihn herum schlummerte auch, aber Timbo wusste, dass er nie wieder vor der Dunkelheit oder seinen Ängsten fliehen würde. Er war mutig – und er wusste, dass er alles erreichen konnte, wenn er es nur versuchte.