Der Bär, der den Mond essen wollte - eine Kindergeschichte mit Bruno dem Bär
- Michael Mücke

- vor 7 Stunden
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Es war einmal ein großer, pelziger Bär, der tief in einem ruhigen Wald lebte. Der Wald war voller hoher Bäume, weicher Moose und leiser Geräusche. Der Bär hieß Bruno und er liebte gemütliche Abende.
Tagsüber sammelte er Beeren, schlief in der Sonne und planschte im Bach. Doch am allerliebsten mochte Bruno die Nachtstunden. Dann wurde alles still und geheimnisvoll.
Jeden Abend, wenn die Sonne langsam verschwand, setzte sich Bruno auf seinen Lieblingsstein. Dieser Stein lag auf einer kleinen Lichtung und war noch warm vom Tag. Von dort aus konnte Bruno den Himmel besonders gut sehen. Der Mond erschien dann langsam zwischen den Baumkronen. Er war groß, rund und leuchtete hell.
Bruno betrachtete den Mond immer sehr lange und sehr aufmerksam. Er legte den Kopf schief und rieb sich den Bauch. Der Mond erinnerte ihn an etwas Leckeres. Er sah aus wie ein riesiger runder Käse. Bruno bekam davon großen Appetit.
Eines Abends platzte es aus ihm heraus. „Ich glaube, ich möchte den Mond essen“, sagte Bruno laut. „Er sieht einfach viel zu köstlich aus.“ Er stellte sich vor, wie er ein großes Stück abbiss. Der Gedanke ließ ihn schmatzen und lächeln.
Bruno sprang aufgeregt von seinem Stein herunter. Er war überzeugt, dass der Mond irgendwo erreichbar sein musste. Vielleicht hing er nur über den Bäumen. Vielleicht lag er hinter dem nächsten Hügel.
Bruno stapfte los und achtete kaum auf den Weg. Unterwegs raschelte es im Gebüsch und einige Mäuse huschten vorbei. Bruno blieb stehen und fragte freundlich.
„Habt ihr den Mond gesehen? Ich suche ihn zum Essen.“ Die Mäuse kicherten und schüttelten ihre kleinen Köpfe. „Der Mond bleibt immer am Himmel“, piepsten sie fröhlich und rannten davon.
Bruno ließ sich nicht entmutigen und ging weiter. Bald traf er auf eine Gruppe Vögel, die sich auf einem Ast sammelten. „Liebe Vögel, wisst ihr, wo ich den Mond finden kann?“, fragte Bruno höflich. „Ich möchte probieren, wie er schmeckt.“
Die Vögel flatterten aufgeregt durcheinander.
„Der Mond ist viel zu hoch für dich“, zwitscherten sie lachend. „Selbst wir können ihn nicht erreichen.“ Bruno seufzte kurz, aber sein Wunsch blieb stark.
Wenig später erreichte Bruno einen klaren Bach. Das Wasser glitzerte und floss leise vor sich hin. Als Bruno hineinschaute, sah er den Mond im Wasser glänzen. Er war genauso rund und hell. Bruno staunte und hielt den Atem an.
„Jetzt habe ich dich“, flüsterte Bruno aufgeregt. Er streckte vorsichtig seine Tatzen aus. Doch jedes Mal, wenn er den Mond berühren wollte, bewegte sich das Wasser. Der Mond zerbrach in viele kleine Lichtstücke. Bruno setzte sich verwundert hin.
„Das ist wirklich seltsam“, murmelte Bruno leise. „Warum bleibst du nicht einfach liegen?“ Er kratzte sich am Ohr und dachte angestrengt nach.
Da hörte Bruno ein sanftes Flügelschlagen. Eine alte Eule landete neben ihm auf einem Ast. Ihre Augen funkelten klug im Mondlicht. „Du scheinst beschäftigt zu sein, Bruno“, sagte sie ruhig.
Bruno nickte langsam. „Ich wollte den Mond essen“, erklärte er ehrlich. „Aber er lässt sich nicht fangen.“ Die Eule lächelte freundlich und schüttelte leicht den Kopf.
„Der Mond ist kein Essen“, erklärte sie geduldig. „Er gehört zum Himmel und zur Nacht.“ Bruno sah die Eule überrascht an. „Aber warum sieht er dann so lecker aus?“, fragte er verwundert.
Die Eule antwortete ruhig. „Manche Dinge sehen lecker aus, sind aber nur zum Anschauen da.“ Sie erzählte Bruno vom Mondlicht, das den Tieren hilft. Sie erzählte vom sanften Schein, der den Wald beruhigt. Sie erzählte von Nächten ohne Stolpern.
Bruno hörte aufmerksam zu und blickte wieder nach oben. Der Mond leuchtete still und freundlich. Er fühlte sich plötzlich ganz anders. Sein Bauch knurrte zwar noch, aber sein Kopf verstand nun mehr.
„Wenn ich dich essen würde, wäre es hier ganz dunkel“, sagte Bruno leise. „Das möchte ich nicht.“ Die Eule nickte zufrieden und breitete ihre Flügel aus. „Du hast gut nachgedacht“, sagte sie sanft und flog davon.
Bruno blieb noch eine Weile sitzen und schaute zum Himmel. Der Mond wirkte jetzt noch schöner als zuvor. Er fühlte sich begleitet und ruhig. Schließlich stand Bruno auf und ging langsam zurück zu seiner Höhle.
In seiner Höhle rollte er sich gemütlich zusammen. Durch den Eingang fiel ein Streifen Mondlicht. Bruno lächelte müde. „Anschauen ist manchmal besser als essen“, murmelte er leise.
Mit diesem Gedanken schlief Bruno friedlich ein. Der Mond blieb am Himmel und wachte still über den Wald. So endete ein besonderer Abend für einen sehr neugierigen Bären.




