Das Känguru mit den bunten Flecken - eine tolle, tierische Gute-Nacht-Geschichte
- Michael Mücke
- vor 15 Stunden
- 3 Min. Lesezeit

Es war einmal, weit draußen im sonnigen Herzen Australiens, ein Känguru, das ganz besonders war. Schon als es noch ganz klein war, bemerkte seine Mutter, dass es anders aussah als alle anderen Kängurukinder.
Während die anderen ein braunes, graues oder sandfarbenes Fell trugen, war das Fell dieses Kängurus übersät mit bunten Flecken.
Manche waren groß, manche winzig klein, manche rund wie Murmeln, andere lang wie Pinselstriche. Sie leuchteten in Rot, Blau, Grün, Gelb und manchmal sogar in einem warmen Orange, das fast wie ein kleines Feuer schimmerte.
Die Mutter sah ihr Kind voller Liebe an und sagte sanft: „Du bist mein kleines Wunder, und deine Flecken machen dich einzigartig.“
Doch schon bald merkte das Känguru, dass die Welt draußen nicht immer so freundlich war wie die Arme seiner Mutter.
Als es größer wurde, wollte es unbedingt mit den anderen jungen Kängurus auf den Wiesen spielen. Sie hüpften um die Wette, balancierten auf Baumstämmen und übten das hohe Springen. Doch als das bunte Känguru zu ihnen hüpfte, hörte es Stimmen, die es sehr traurig machten.
„Sieh mal, seine Flecken sehen so komisch aus!“, rief eines. Ein anderes kicherte: „Es passt überhaupt nicht zu uns, es sieht ja aus wie ein Regenbogen, der auf den Boden gefallen ist!“
Das bunte Känguru versuchte zu lachen, doch sein Herz wurde schwer. Es hoppelte langsam davon und setzte sich allein an den Rand einer Wiese, wo die Blumen im Wind tanzten.
Es dachte: Warum bin ich nicht so wie die anderen? Warum kann ich nicht einfach ganz normal sein?
Ein paar Tage lang spielte es nur noch mit sich selbst. Es sprang über Steine, zeichnete Muster in den Sand und hörte den Grillen zu. Seine Mutter versuchte es zu trösten: „Du wirst sehen, irgendwann werden die anderen verstehen, dass deine Flecken etwas Besonderes sind.“
Aber das Känguru glaubte nicht daran und seufzte leise.
Eines Abends, als die Sonne sich wie ein roter Ball hinter den Bergen versteckte, hörte das Känguru ein leises, verzweifeltes Rufen.
Neugierig sprang es dem Ton nach und entdeckte im dichten Gestrüpp einen kleinen Vogel. Seine Flügel hatten sich in Dornen verfangen, und er konnte sich nicht befreien. Das Känguru zögerte keinen Moment. Mit vorsichtigen Pfoten schob es die Zweige auseinander, bis der Vogel frei war.
Der kleine Vogel flatterte aufgeregt und rief: „Oh, danke, danke! Du hast mir das Leben gerettet! Und deine Flecken leuchten so wunderschön, sie haben mir Mut gemacht, nicht aufzugeben.“
Das bunte Känguru fühlte zum ersten Mal, dass seine Flecken nicht nur auffällig waren, sondern vielleicht auch nützlich sein konnten. Es lächelte schüchtern und hoppelte heim, mit einem kleinen Funken Freude im Herzen.
Wenige Wochen später geschah etwas, das alles veränderte. Ein starker Sturm zog über das Tal. Dunkle Wolken hingen am Himmel, der Wind riss Äste von den Eukalyptusbäumen, und der Regen peitschte gegen den Boden.
Die jungen Kängurus waren voller Angst. Sie sprangen unruhig umher und wussten nicht, wohin sie sollten. Das bunte Känguru sah, dass die anderen den Weg nicht fanden. Da rief es laut: „Folgt mir! Ich kenne eine Höhle, die groß genug für uns alle ist!“
Die anderen zögerten zuerst, doch dann sprangen sie hinterher. Durch Regen und Blitzlicht hüpfte das bunte Känguru voran, und die Flecken auf seinem Fell schimmerten im Gewitterlicht wie kleine bunte Laternen. Keiner verlor es aus den Augen, und bald erreichten sie die sichere Höhle. Dort drängten sich alle zusammen, hörten den Sturm draußen toben und atmeten erleichtert auf.
Ein kleines Känguru flüsterte leise: „Ohne dich hätten wir niemals den Weg gefunden.“ Ein anderes sagte: „Deine Flecken haben im Dunkeln geleuchtet, und nur deshalb konnten wir dir folgen.“ Zum ersten Mal blickten alle voller Dankbarkeit und Bewunderung auf das bunte Känguru.
Von diesem Tag an änderte sich alles. Niemand lachte mehr über die bunten Flecken. Stattdessen sagten die jungen Kängurus: „Er ist mutig und stark, und seine Flecken sind wunderschön!“ Auch die älteren Kängurus nickten ernst und meinten: „Dieses Känguru hat uns allen gezeigt, dass das Herz wichtiger ist als das Fell.“
Das Känguru fühlte, wie sein Herz vor Glück hüpfte. Es hatte gelernt, dass Anderssein keine Schwäche ist, sondern eine besondere Gabe. Die Flecken waren nicht länger ein Grund für Spott, sondern ein Zeichen für Mut, Freundschaft und Hoffnung.
Von da an spielte es mit den anderen, sprang hoch in den Himmel, lachte laut und frei.
Wenn die Sonne auf sein Fell schien, leuchteten die bunten Flecken wie ein Regenbogen, der den ganzen Himmel heller machte. Die Tiere im Tal nannten es liebevoll „das Känguru mit den bunten Flecken“, und jeder wusste, dass es ein ganz besonderes Geschenk war.
Und immer, wenn es abends müde in die Arme seiner Mutter sank, hörte es ihre sanfte Stimme: „Du bist wundervoll, genau so wie du bist.“ Mit einem glücklichen Seufzen schloss das Känguru die Augen und schlief friedlich ein, während draußen die Sterne funkelten, fast so bunt wie seine Flecken.