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Das fliegende Schloss der Feen - eine fantasievolle Geschichte zum Einschlafen

  • Autorenbild: Michael Mücke
    Michael Mücke
  • 24. Juli
  • 4 Min. Lesezeit
Die Fee schwebt zum Schloss der Feen

Es war einmal, weit hinter den sieben Regenbogen und tief verborgen zwischen tanzenden Nebeln und flüsternden Wäldern, ein Tal, das auf keiner Karte der Welt zu finden war. In diesem Tal, das bei Tag von tausenden Schmetterlingen überflogen und bei Nacht von glühenden Libellen bewacht wurde, lag ein Schloss, wie es kein zweites gab. Dieses Schloss war nicht gebaut aus Stein, Holz oder Metall – es bestand aus schimmerndem Licht, fließendem Morgentau, weichem Blütenstaub und einem Hauch von Sonnenliedern.


Es war das fliegende Schloss der Feen.


Wenn die Sonne unterging und der erste Stern am Himmel funkelte, begann das Schloss zu erwachen. Die Türme glitzerten wie Eiskristalle, und die Wände begannen zu schweben, bis sich das gesamte Schloss lautlos vom Boden löste. Es stieg sanft in den Himmel, als wäre es aus Träumen gewebt, und flog durch die Nacht wie ein leuchtendes Schiff aus Licht.


Im Inneren dieses Schlosses lebten hundert Feen – jede einzelne war anders. Manche waren groß und hatten Flügel wie Regenbogen, andere waren kaum größer als eine Walnuss und flogen auf Staubkörnern durch die Luft. Sie kümmerten sich um Träume, heilten gebrochene Gedanken, pflanzten Lichtblumen auf den Wolken und hielten das Gleichgewicht der Fantasie in der Welt.


Unter all diesen Feen lebte auch Liora, eine junge, mutige Fee mit bernsteinfarbenen Augen und Haaren wie flüssiger Sonnenaufgang. Sie war kleiner als die anderen, und obwohl sie älter wurde, wollten ihre Flügel einfach nicht wachsen. Stattdessen hatte sie nur zwei durchsichtige Fäden am Rücken, die wie Spinnweben zitterten, wenn der Wind an ihr vorbeistrich.


Die anderen Feen waren freundlich, aber sie behandelten Liora oft wie ein Kind. Sie durfte nicht mitfliegen, wenn das Schloss durch die Sternenwinde segelte. Sie musste auf dem unteren Deck bleiben und durfte nur beim Reinigen der Traumgläser helfen.


Doch in Liora brannte ein Feuer, das heller leuchtete als alle ihre Freunde zusammen.

Jede Nacht kletterte sie auf den höchsten Balkon des Hauptturms, wickelte sich in ein Tuch aus Mondlicht und starrte hinaus über das weite, dunkle Himmelsmeer. Dort draußen, hinter dem Horizont aus Licht und Schatten, warteten Orte, die selbst die ältesten Feen nur aus Liedern kannten.


„Ich will wissen, was dort draußen ist,“ flüsterte sie eines Nachts, während der Wind leise durch die Sternenblätter rauschte. „Vielleicht gibt es Feen, die wie ich sind. Vielleicht gehören meine Flügel nicht hierher, sondern dorthin.“


Ihre beste Freundin war Mirla, eine Lichtfee, so klein, dass sie auf einem Blütenblatt schlafen konnte. Ihre Stimme war kaum hörbar, aber voller Weisheit.


„Du bist mutig, Liora,“ sagte sie eines Abends, „aber der Himmel ist tiefer, als du denkst. Jenseits der Sternengrenze schlafen alte Kräfte. Nicht alle Träume sind freundlich.“


Doch Liora hörte nicht auf sie. In der nächsten Nacht, als alle Feen in ihren Schlafkuppeln ruhten und das Schloss hoch über den Wolken schwebte, schlich sie sich hinaus. Auf dem Ostflügel wartete Uvion, ein seltener Windfalter, den sie als Kind gerettet hatte, als er sich in einem Sturm verirrt hatte. Er war groß wie ein Teppich, mit Flügeln aus schillernder Seide und Augen wie kleine Monde.


„Du willst wirklich fort?“ fragte Uvion, während sein Flügelschlag sanft über das Wolkenmeer strich.


„Ich muss es versuchen. Ich habe das Gefühl, dass etwas auf mich wartet,“ antwortete Liora, ihre Stimme fest, obwohl ihr Herz raste.


Gemeinsam verließen sie das Schloss. Der Himmel war offen, schwarz und voller funkelnder Sterne. Unter ihnen lagen schlafende Städte, leuchtende Flüsse, sprechende Berge und wandernde Bäume. Sie flogen durch Sturmbögen, schlüpften durch Zeitrisse und sangen mit dem Nordlicht.


Sie erreichten Orte, die kein anderes Wesen je gesehen hatte: Inseln, die auf dem Rücken schlafender Wale ruhten. Wiesen, auf denen goldene Eulen Geschichten erzählten. Und Felder aus Erinnerungsblumen, die im Wind Geschichten der Vergangenheit flüsterten.


Aber dann wurde der Himmel dunkel. Nicht von Nacht, sondern von etwas Tieferem. Etwas Älterem. Sie waren dem Schattensturm zu nahe gekommen – einer verborgenen Zone, in der vergessene Träume, verlorene Gedanken und Einsamkeit lebten. Der Sturm war ein lebendiger Wirbel aus flüsternden Stimmen, vergessenen Liedern und zerbrochenen Farben.


Uvion wollte umkehren, doch Liora hörte einen Ruf aus der Tiefe. Eine Stimme, so leise wie ein Tropfen in einem endlosen See, flüsterte:

„Hilf mir … bitte … ich bin hier …“


Sie ließ sich hinabfallen, gegen die Angst, gegen den Sturm. Der Wind riss an ihr, rief sie zurück, aber sie flog tiefer. Und dort, im Herzen der Dunkelheit, fand sie ein schwaches Leuchten – ein gläserner Kristall, von Rissen durchzogen, kaum noch leuchtend.

In seinem Inneren lag ein winziges Wesen – eine Traumfee, bleich und zerbrechlich, als wäre sie aus Lichtstaub und Tränen gemacht.


„Du hast mich gehört?“ fragte die Traumfee mit brüchiger Stimme. „Ich war so lange allein … so lange vergessen.“


Liora nahm den Kristall vorsichtig in die Hände. „Ich bringe dich nach Hause,“ sagte sie, Tränen in den Augen. „Du wirst nie wieder allein sein.“


Mit letzter Kraft rief sie Uvion, der durch den Sturm stürzte, ohne zu zögern. Sie kämpften sich zurück ins Licht, umhüllt von Schatten, doch getragen vom Mut. Als das Schloss sie endlich am Himmel sah, öffneten sich seine Tore, und ein Schwarm Feen kam ihnen entgegen, geführt von der Königin des Lichts, Feyriala.


„Eine verlorene Schwester kehrt heim,“ sagte die Königin, ihre Stimme wie warmer Regen. „Und mit ihr kehrt der Mut zurück.“


Liora sank erschöpft zu Boden, und in diesem Moment geschah es: Ein leises Knistern, ein silbriges Leuchten – ihre Flügel begannen zu wachsen. Nicht wie die der anderen Feen, sondern größer, heller, durchzogen von goldenen Linien und leuchtenden Mustern. Es waren Flügel der Erinnerung, entstanden aus Mut, Liebe und dem Willen, selbst in Dunkelheit zu fliegen.


Von da an war Liora nicht mehr nur ein Kind im Schloss. Sie wurde zur Hüterin der vergessenen Träume, zur Reisenden zwischen Licht und Schatten. Jede Nacht flog sie mit Uvion los, auf der Suche nach Seelen, die im Dunkeln flüsterten: „Ich bin allein.“


Und manchmal, wenn du ganz still bist und aus deinem Fenster in die Nacht schaust, siehst du ein leuchtendes Schloss über die Sterne segeln. Und wenn du ein Flügelrascheln hörst, sanft wie ein Lächeln im Wind, dann weißt du: Liora ist da.


„Solange Träume fliegen, sind wir nie verloren.“

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