Zauberer Zappelzahn und das Flüsterbuch - Fantasie Geschichte für Kinder
- Michael Mücke
- 9. Juli
- 5 Min. Lesezeit

Es war einmal ein Zauberer namens Zappelzahn, der in einem hohen, schiefen Turm auf einem Hügel wohnte. Der Turm war so steil, dass er wie ein riesiger Zauberstab in den Himmel ragte, und die Wände waren mit geheimen, funkelnden Runen bedeckt.
Bei Tageslicht war der Turm kaum zu sehen, da er fast vollständig von den dichten Wäldern und den hohen, schattenwerfenden Bäumen des Hügelwaldes verdeckt war. Doch bei Nacht war er ein wahres Wahrzeichen, das in den Himmel strahlte und alle umliegenden Dörfer mit einem geheimnisvollen Glanz erleuchtete.
Zappelzahn war ein Zauberer der besonderen Art. Er trug keinen schlichten Zaubermantel wie die anderen Zauberer, sondern eine bunte Tunika, die in allen Farben des Regenbogens schimmerte und bei jeder Bewegung das Licht in zauberhafte Muster brach.
An seinen Füßen steckten knallbunte Stiefel, die bei jedem Schritt leise klingelten, als ob kleine Glöckchen daran befestigt wären. Auf seinem Kopf saß eine viel zu große Mütze, die bei jedem Winken seiner Hände wackelte und dabei die Luft um ihn herum mit einem Hauch von Glitzer füllte.
In der Nacht, als der Mond hoch am Himmel stand und die Sterne in einer perfekten Reihe funkelten, saß Zappelzahn in seiner Zauberküche. Die Wände waren vollgepackt mit Regalen, die bis an die Decke mit allerlei Zauberutensilien und magischen Zutaten gefüllt waren.
Der Duft von Kräutern und Blüten mischte sich mit dem Aroma von frisch gebrautem Zaubertrank. Zappelzahn rührte mit einem riesigen Löffel in einem Kessel, der vor sich hin brodelte. Immer wieder warf er eine Handvoll funkelnder Sternenstaub hinein, und der Kessel begann, in allen Farben des Regenbogens zu leuchten.
Er murmelte vor sich hin: „Ein Trank der Freude… für all die schüchternen Mäuse im Wald. Sie müssen lernen, sich laut und stolz zu zeigen!“
Doch plötzlich durchbrach ein leises, fast unhörbares Geräusch die Stille des Zimmers. Es klang wie ein sanftes Flüstern, das aus einer Ecke des Raumes kam. Zappelzahn hielt inne und lauschte. „Woher kommt das Geräusch?“ murmelte er und drehte sich um.
Da entdeckte er in einer staubigen Ecke seines Zimmers ein altes, verblichenes Buch, das auf dem Boden lag. Es war ein Buch, das Zappelzahn noch nie zuvor gesehen hatte. Der Einband war aus weichem Leder, das von der Zeit und den vielen Zaubergeschichten, die es erzählt hatte, gezeichnet war. Auf dem Einband stand in goldenen Buchstaben geschrieben: „Das Flüsterbuch“.
Neugierig ging Zappelzahn hinüber und hob das Buch vorsichtig auf. „Das habe ich ja noch nie gesehen,“ murmelte er, als er das Buch betrachtete. Es fühlte sich warm an, fast lebendig, und als er es öffnete, begann es sofort zu flüstern. „Zauberer Zappelzahn… Zauberer Zappelzahn…“
Erstaunt schaute er auf und fragte: „Wer spricht da?“
Das Buch flüsterte weiter, und plötzlich füllte sich der Raum mit einem sanften, goldenen Licht. „Ich bin das Flüsterbuch. Und ich habe einen besonderen Wunsch, den nur du erfüllen kannst.“
Zappelzahn setzte sich auf einen Stuhl und hörte aufmerksam zu. „Was für einen Wunsch hast du?“ fragte er.
Das Flüsterbuch antwortete mit einer Stimme, die sich wie ein Hauch von Wind anhörte: „Ich wünsche mir, dass du mir hilfst, die Farben des Regenbogens zurückzubringen.“
Zappelzahn runzelte die Stirn. „Was meinst du damit? Wie können Farben verschwinden?“
Das Buch erklärte mit einem Seufzer: „Vor vielen Jahren stahl ein böser Zauberer namens Nebeltraum alle Farben der Welt, um sie für sich allein zu behalten. Ohne die Farben ist die Welt traurig und grau. Nur du, Zauberer Zappelzahn, kannst sie zurückholen.“
Zappelzahn dachte kurz nach. Er hatte schon viele verrückte Abenteuer erlebt, aber das hier war besonders seltsam.
„Also gut,“ sagte er schließlich, „wenn es eine Sache gibt, die ich wirklich gut kann, dann ist es Magie! Ich werde die Farben zurückholen!“
Er schwang seinen Zauberstab, und mit einem großen, funkelnden Blitz öffnete sich ein magisches Portal in der Mitte des Zimmers. „Folge mir, Flüsterbuch. Lass uns diese Farben zurückholen!“
Das Flüsterbuch öffnete sich weit und begann zu flüstern, als Zappelzahn hindurch sprang. Auf der anderen Seite des Portals fand er sich in einem merkwürdigen, grauen Wald wieder. Der Himmel war dunkel und wolkenverhangen, und alles um ihn herum wirkte leer und leer. Die Bäume hatten keine Blätter, sondern waren nur graue Stämme, die sich wie Schatten in den Nebel hüllten. Es war ein trauriger, lebloser Ort.
„So sieht also Nebeltraums Land aus,“ sagte Zappelzahn und schüttelte den Kopf. „Es fehlt hier einfach alles!“
Da hörte er ein leises Kichern. Er drehte sich um und sah eine winzige, schimmernde Blume, die aus dem grauen Boden spross. Sie war die einzige bunte Sache im ganzen Wald.
„Du bist die einzige Blume hier!“ sagte Zappelzahn erstaunt. „Wie kannst du in diesem tristen Ort leben?“
Die Blume kicherte noch lauter.
„Ich bin nicht nur eine Blume. Ich bin die Hüterin der Farben! Ich kann dir helfen, Nebeltraum zu besiegen und die Farben zurückzubringen. Aber du musst den Zauberspiegel finden!“
Zappelzahn nickte entschlossen.
„Ich werde den Zauberspiegel finden und Nebeltraum besiegen. Keine Sorge, kleine Blume, ich gebe nicht auf.“
Mit der Blume als Führung wanderte Zappelzahn tiefer in den Wald. Schließlich, nach einer langen und gefährlichen Reise, entdeckten sie einen riesigen Spiegel, der inmitten des Nebels schwebte. Der Spiegel war von einer silbernen Aura umgeben und zeigte nichts anderes als einen grauen, leeren Raum.
„Das ist der Zauberspiegel,“ flüsterte die Blume. „Er kann dir den Weg zu Nebeltraum zeigen, aber nur, wenn dein Herz voller Freude und Mut ist.“
Zappelzahn nahm einen tiefen Atemzug und blickte fest in den Spiegel.
„Ich bin bereit!“ rief er, und im gleichen Moment öffnete sich ein Tor, das in das Schloss von Nebeltraum führte.
Dort, in der Mitte eines riesigen, dunklen Saals, stand Nebeltraum, ein hoher, düsterer Zauberer, dessen Augen in einem kalten Blau glühten.
„Du wagst es, mich herauszufordern?“ sagte Nebeltraum mit einer eisigen Stimme. „Ich habe alle Farben der Welt gestohlen, und niemand kann sie mir nehmen!“
Doch Zappelzahn blieb ruhig und erhob seinen Zauberstab. „Farben gehören nicht dir. Sie gehören der Welt!“
Er rief einen mächtigen Zauberspruch, und mit einem funkelnden Blitz begann der Regenbogen zu erscheinen. Jeder Strahl war voller Freude, Hoffnung und Glück. Nebeltraum versuchte, den Regenbogen zu zerstreuen, doch die Farben setzten sich gegen den dunklen Zauber durch. Schließlich brachen die Farben durch Nebeltraums Magie und er musste sich zurückziehen, in den Nebel fliehend.
Die Welt erblühte in allen Farben des Regenbogens, und der graue Wald verwandelte sich in einen wunderschönen Garten voller Blumen, Bäume und Vögel.
Zappelzahn blickte stolz auf das, was er erreicht hatte.
„Die Farben sind zurück, und die Welt ist wieder lebendig!“ sagte er zufrieden.
Er kehrte mit dem Flüsterbuch in seinen Turm zurück, wo er sich wieder in seine Küche setzte. „Was für ein Abenteuer! Vielleicht war das nicht mein letztes!“ sagte er, als er an einem weiteren Trank rührte.
Und so endete das Abenteuer von Zauberer Zappelzahn und dem Flüsterbuch. Aber wie bei jedem guten Abenteuer wusste Zappelzahn, dass der nächste Zauber immer nur einen Schritt entfernt war. Und so schlief er ein, mit einem Lächeln im Gesicht und einem Herzen voller neuer, bunter Ideen.
Gute Nacht!