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Die kleine Hexe, die durch die Zeit reisen konnte - eine spannende Geschichte zum Vorlesen

  • Autorenbild: Michael Mücke
    Michael Mücke
  • 16. Aug.
  • 4 Min. Lesezeit
Liora die kleine Hexe sitzt in ihrem Haus und studiert Zaubersprüche

Es war einmal eine kleine Hexe namens Liora, die in einer winzigen Hütte am Rande eines geheimnisvollen Waldes lebte. Der Wald war uralt, seine Bäume waren so hoch, dass ihre Kronen fast den Himmel berührten. Zwischen den Wurzeln versteckten sich kleine Wesen, die nur bei Nacht herauskamen: leuchtende Käfer, flüsternde Kobolde und weise Eulen, die die Geheimnisse der Sterne kannten.


Lioras Hütte war klein, aber gemütlich. Ein knarrender Holzboden, ein Kamin, der im Winter stets warm brannte, und Regale voller alter Bücher, in denen Zauber und Geschichten bewahrt wurden.


Liora war anders als die anderen Hexen. Sie liebte es, neue Dinge zu entdecken, und sie hatte ein Herz, das immer voller Neugier war. Doch das größte Geheimnis, das sie hütete, war ihre Gabe. Sie konnte durch die Zeit reisen. Niemand wusste davon, nicht einmal ihre beste Freundin, die Krähenhexe Mirabel. Denn Liora hatte gelernt: Wer die Zeit verändert, verändert mehr, als er ahnt.


Alles begann an einem Sommerabend, als sie noch ein Kind war. Sie hatte ein altes, verstaubtes Zauberbuch gefunden, das unter einer losen Diele in der Hütte verborgen lag. Als sie es öffnete, leuchteten die Seiten wie der Abendhimmel.


Und dann hörte sie zum ersten Mal die geheimnisvolle Stimme: „Du bist auserwählt, Hüterin der Zeit zu sein.“ Seit diesem Augenblick wusste Liora, dass ihr Leben ein besonderes war.


Die Jahre vergingen, und sie übte heimlich. Sie stellte sich vor den alten Spiegel, legte die Hände auf ihr Herz und sprach die Worte, die sie gelernt hatte.


Ein goldener Schimmer erschien, wie feine Staubkörner im Sonnenlicht, und manchmal wurde daraus ein ganzer Strudel aus Glanz, der sie davontrug. Wenn sie wieder auftauchte, stand sie an anderen Orten – manchmal in der Vergangenheit, manchmal in einer fernen Zukunft. Doch stets kehrte sie zurück, vorsichtig und schweigend.


Eines Abends jedoch änderte sich alles. Der Himmel war dunkel, der Mond stand groß und hell über den Bäumen, und der Wind sang ein fremdes Lied. Plötzlich hörte Liora ein fernes Rufen. Es klang wie eine Stimme, die durch unzählige Jahre getragen wurde. „Hilf mir, kleine Hexe… Hilf mir…“ Die Worte hallten in ihrem Kopf nach, als würden sie von überall und nirgendwo zugleich kommen.


Liora erschrak. Sie presste die Hände an ihr Herz und flüsterte: „Wer ruft mich? Was willst du von mir?“ Doch die Stimme antwortete nur: „Finde mich, bevor es zu spät ist…“ Da wusste Liora, dass sie keine Wahl hatte. Ihr Mut war größer als ihre Furcht, und sie sprach den Zauberspruch.


Ein goldener Wirbel umschloss sie, der Wind trug sie fort, und plötzlich stand sie nicht mehr in ihrer Hütte. Vor ihr erhob sich ein riesiges Schloss, halb zerfallen, halb lebendig, seine Mauern von Efeu umwachsen. Nebel kroch über den Boden, und irgendwo tief im Inneren weinte jemand.


Mit vorsichtigen Schritten ging Liora hinein. Der Boden war kalt, und ihre Schritte hallten in der Leere wider. Die Fenster waren zerbrochen, durch die Öffnungen pfiff der Wind, und die Luft roch nach Staub und uralten Geheimnissen.


Das Weinen wurde lauter, je weiter sie ging. Schließlich fand sie in einem hohen Turm ein kleines Mädchen.


Es saß auf dem Boden, Ketten hielten seine Hände und Füße fest. Seine Augen waren groß und glänzten, als es Liora sah. „Bitte, hilf mir,“ schluchzte es. „Ich bin schon so lange hier gefangen.“


Liora kniete sich neben das Kind. Sie sah die Fesseln, und ihr Herz schmerzte. Sie murmelte einen Befreiungszauber, ihre Finger zeichneten Muster in die Luft, und mit einem Knall fielen die Ketten klirrend zu Boden. In diesem Augenblick erzitterte das Schloss, als ob es lebendig geworden wäre. Die Mauern ächzten, Staub rieselte von der Decke, und das Weinen verwandelte sich in ein Seufzen der Erleichterung.


Das Mädchen stand auf, und plötzlich veränderte sich sein Gesicht. Es strahlte, als sei es selbst ein Stück Licht. „Ich danke dir, Liora. Ich bin die Hüterin der Zukunft. Ohne dich wäre ich für immer in der Vergangenheit gefangen geblieben.“


Liora starrte sie erstaunt an. „Die Hüterin der Zukunft? Warum gerade ich? Warum konntest du mich rufen?“


Das Mädchen lächelte geheimnisvoll. „Weil du die Gabe trägst, die Zeit zu durchwandern. Du bist die Brücke, die Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft verbindet. Nur du konntest die Fesseln brechen.“


Gemeinsam stiegen sie die Stufen des Turms hinab, und je weiter sie gingen, desto heller wurde das Schloss. Die zerbrochenen Fenster verwandelten sich in strahlendes Glas, die dunklen Flure erblühten in Farben, und die Luft roch nach Blüten statt nach Staub. Als sie das Tor erreichten, breitete das Mädchen die Arme aus, und der Wind hob es empor. Es wurde zu einem funkelnden Licht, das in den Himmel stieg.


Nur ein Flüstern blieb zurück: „Vergiss nicht, Liora. Die Zeit ist dein Geschenk, aber auch deine Verantwortung.“


Das goldene Licht hüllte Liora erneut ein, und im nächsten Augenblick saß sie wieder in ihrer Hütte. Alles war still, nur das Knistern des Feuers erfüllte den Raum. Sie legte ihre Hände auf das Zauberbuch und flüsterte: „Ich werde die Zeit hüten, so wie es mir bestimmt ist.“


Von diesem Tag an reiste Liora noch oft durch die Zeit. Sie besuchte alte Königreiche, in denen Drachen am Himmel flogen, sie wanderte durch Städte der Zukunft, in denen Schiffe durch die Lüfte glitten, und sie traf Menschen, die ihre Hilfe brauchten.


Manchmal musste sie nur ein Wort flüstern, manchmal ein Geheimnis bewahren, manchmal ein Herz trösten. Doch immer spürte sie, dass ihre Taten wichtig waren.

Und wenn sie nachts in ihrem Bett lag, lauschte sie dem Rauschen des Waldes.


Manchmal glaubte sie, die Stimme der Hüterin wieder zu hören, die flüsterte: „Die Zeit ist ein Fluss, und du bist die, die ihn beschützt.“


So schlief die kleine Hexe friedlich ein, mit dem Wissen, dass jedes Abenteuer sie stärker machte, und dass irgendwo, in einer anderen Zeit, schon das nächste Abenteuer auf sie wartete.


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