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Der traurige Schneemann und sein neuer Freund

  • Autorenbild: Michael Mücke
    Michael Mücke
  • 13. Apr.
  • 5 Min. Lesezeit

Schneemann und sein neuer Freund der Vogel

Es war einmal ein Schneemann namens Finn, der in einem kleinen, verschneiten Dorf am Rande eines riesigen, tiefen Waldes lebte. Finn war anders als die anderen Schneemänner. Er war nicht fröhlich und voller Energie wie die anderen, die im Winter immer mit den Kindern spielten, lachten und fröhlich durch die weiße Landschaft tollten. Finn hatte eine tiefe, traurige Sehnsucht, die ihn immer begleitete, obwohl er niemanden hatte, mit dem er darüber sprechen konnte.


Finn war aus frischem, weißem Schnee gebaut, hatte eine Karottennase, schwarze Steine für Augen und einen alten, grauen Schal, den ihm ein kleines Mädchen aus dem Dorf um den Hals gelegt hatte. Aber immer wenn der Wind wehte und die Vögel in den Bäumen sangen, fühlte sich Finn irgendwie leer und einsam. Er blickte nach oben und sah, wie die anderen Schneemänner, die zusammen standen, laut lachend den ganzen Tag in der Sonne standen, während er selber einfach nur ruhig vor sich hin schmolz.

„Warum bin ich so traurig?“ fragte sich Finn immer wieder.


„Warum kann ich nicht wie die anderen Schneemänner lachen und spielen?“


Die Kinder aus dem Dorf gingen oft vorüber, warfen ihm ab und zu einen freundlichen Blick zu, aber sie hatten keine Zeit, um mit ihm zu spielen. Sie liefen schnell weiter, denn sie wollten Schneeengel machen, Schlitten fahren oder Schneebälle werfen. Finn stand einfach nur still da, mit seinen schwarzen Augen, die in die Ferne blickten.


Eines Abends, als der Schnee besonders fest und die Nacht besonders still war, bemerkte Finn etwas Ungewöhnliches. Ein kleiner Vogel, dessen Federn wie smaragdgrünes Glas glänzten, landete vorsichtig auf seinem Kopf. Der Vogel zitterte ein wenig, schüttelte sein Federkleid und schaute Finn mit großen Augen an. Finn war überrascht – noch nie hatte sich ein Vogel so nah an ihn gewagt.


„Brrr! Es ist kalt hier! Aber du siehst aus, als könntest du mir helfen!“ zwitscherte der Vogel und hüpfte vorsichtig von Finns Kopf auf seine Schulter.


„Du bist ein kleiner Vogel! Was machst du hier draußen in der Kälte?“ fragte Finn, seine Stimme klang wie das Knistern von Schnee, das von den Bäumen herüberwehte.


Der kleine Vogel kicherte und schüttelte seinen Kopf. „Ich heiße Pip. Ich bin ein Wellensittich, und ich habe mich verirrt. Mein Schwarm flog voraus, aber der Schneesturm kam so plötzlich, dass ich den Weg verloren habe. Alles sieht hier so gleich aus, und ich habe keine Ahnung, wo ich hinfliegen soll!“


Finn betrachtete den kleinen Vogel, der so mutig durch den Schnee flog, aber auch ein bisschen hilflos wirkte. Der Vogel zitterte noch immer und sah ihn mit großen, traurigen Augen an. Finn hatte Mitleid, und gleichzeitig fühlte er sich seltsam beruhigt in seiner Nähe.


„Ich weiß, wie es sich anfühlt, verloren zu sein,“ sagte Finn leise.


„Ich habe viele Jahre hier im Schnee gestanden und beobachtet, wie alles an mir vorbeizog. Aber vielleicht kann ich dir helfen. Ich kenne den Wald gut. Er ist weit und geheimnisvoll, aber ich habe viel gesehen und viel gehört.“


Pip blinzelte und sah Finn erstaunt an. „Echt? Du kennst den Wald so gut? Dann kannst du mir bestimmt helfen!“


Finn fühlte sich ein kleines bisschen stolzer. Eigentlich hatte er den Wald nur von seinem Platz aus gesehen – die Bäume, die im Winter still und friedlich standen, die Tiere, die in den frühen Morgenstunden ihren Spuren hinterließen, und die verschneiten Hügel, die im Mondlicht funkelten. Aber er hatte nie wirklich jemanden getroffen, dem er seine Kenntnisse zeigen konnte.


Und jetzt hatte er die Chance, einem anderen zu helfen. Vielleicht war das genau der Grund, warum er hier stand – nicht nur, um den Wind zu hören oder den Schnee zu sehen, sondern um einem Freund zu helfen.


„Also gut, Pip, lass uns gemeinsam den Wald erkunden,“ sagte Finn freundlich. „Wir können nach deinem Schwarm suchen und dich sicher zu ihm bringen. Du musst keine Angst haben.“


Der Vogel flatterte aufgeregt in die Luft. „Danke, Finn! Du bist sehr nett! Aber bevor wir losgehen, will ich dir noch etwas erzählen!“


Und so begann Pip, Finn von all seinen Abenteuern zu erzählen. „Weißt du,“ zwitscherte Pip, während er im Flug um Finn herumflog, „ich habe schon viele Dinge gesehen. In den fernen Ländern gibt es bunte Blumen und schimmernde Regenbögen. Der Himmel dort ist so weit und blau, dass man denkt, er geht nie zu Ende! Und die Sonne, Finn, du würdest es lieben! Sie wärmt alles und lässt die Wiesen golden leuchten!“


Finn seufzte. „Ich habe nie die Sonne gesehen, Pip,“ sagte er traurig. „Ich bin immer hier im Schnee, Tag für Tag. Aber vielleicht ist das nicht so schlimm. Der Winter hat auch seine eigenen Wunder. Schau dir den Mond an! Er leuchtet wie ein silberner Diamant in der Nacht, und die Sterne tanzen um ihn herum!“


Pip setzte sich für einen Moment auf Finns Schulter und betrachtete den Mond. „Du hast recht. Der Winter hat auch seine Magie. Der Schnee glitzert im Licht und alles ist so ruhig. Es ist eine ganz besondere Ruhe, die nur der Winter bringen kann.“


Der Mond leuchtete so hell wie nie zuvor, und der Wald schien in dieser magischen Stille zu schlafen. Sie gingen weiter, Finn langsam durch den tiefen Schnee und Pip fröhlich vor ihm herfliegend. Es war eine lange Reise, aber Finn hatte das Gefühl, dass er sie mit Pip an seiner Seite viel schneller machte.


Nach einer Weile erreichten sie einen kleinen Teich. Das Wasser war zugefroren, und der Mond spiegelte sich in der eisigen Oberfläche, als würde er selbst den Schnee bewundern. „Das ist der Ort, an dem ich den Rest meines Schwarmes treffen sollte,“ sagte Pip aufgeregt. „Ich hoffe, sie sind noch hier!“


Am anderen Ufer des Teiches konnte Finn plötzlich viele Vögel sehen, die sich um einen Baum versammelt hatten. Es waren Pips Familie! Sie flogen schnell heran, als sie ihn entdeckten, und begrüßten ihn herzlich.


„Pip! Du bist zurück!“ riefen sie in freudigem Chor. „Wo warst du? Wir haben uns Sorgen gemacht!“


Pip hüpfte fröhlich zu seiner Familie. „Ich habe einen neuen Freund gefunden! Das ist Finn, der Schneemann! Er hat mir geholfen, den Weg hierher zu finden.“


Finn fühlte sich plötzlich so glücklich, dass er fast hätte tanzen können. Es war, als ob sein Herz zum ersten Mal warm wurde, auch wenn er aus Schnee und Eis bestand. Die Vögel bedankten sich bei ihm, und der Wind schien sanft um die Gruppe zu streichen, als ob auch er sich freute.


„Danke, Finn, du bist ein wahrer Freund!“ sagte Pip, bevor er sich endgültig von ihm verabschiedete. „Ich werde dich nie vergessen! Wenn du irgendwann den Frühling siehst, denk an mich!“


Finn nickte und lächelte. „Pass gut auf dich auf, Pip! Ich weiß jetzt, dass ich nicht wirklich allein bin. Der Winter ist zwar kalt, aber er hat auch seine eigenen Wunder.“


Die Vögel flogen in den klaren, kalten Himmel, und Finn blieb noch eine Weile am Teich stehen. Die Sterne funkelten um ihn herum, der Mond schien heller als je zuvor. In diesem Moment wusste Finn, dass er nie wirklich einsam war. Er hatte einen Freund gefunden, der ihm half, die Welt mit anderen Augen zu sehen.


Und von diesem Tag an, wenn die kalte Nacht den Wald still machte, sah man oft einen kleinen Vogel, der über den verschneiten Wald flog, um Finn zu besuchen. Der Schneemann und Pip, der kleine Vogel, hatten eine besondere Freundschaft geschlossen, die in den kalten Wintermonaten immer wieder zum Leben erwachte.


„Gute Nacht, Finn,“ flüsterte der Wind, als er sanft um den Schneemann strich. „Gute Nacht, Pip.“


Und so schliefen sie beide ein – der Schneemann und sein neuer Freund, während der Mond über ihnen leuchtete und die Sterne ihnen gute Träume brachten.


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