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Der Erfinder, der fliegen wollte - eine 5-Minuten Geschichte zum Vorlesen

  • Autorenbild: Michael Mücke
    Michael Mücke
  • 28. Aug.
  • 4 Min. Lesezeit
Emil rennt zu seinem Flugversuch an

Es war einmal ein freundlicher Mann namens Emil, der in einer kleinen Stadt am Rande eines dichten Waldes lebte. Die Stadt war nicht groß, aber voller Leben. Auf den Straßen roch es nach frischem Brot aus der Bäckerei, und die Kinder spielten auf den Pflastersteinen.


Emil aber war oft nicht draußen, sondern in seiner kleinen Werkstatt, die er liebevoll „seine Höhle der Ideen“ nannte. Dort stapelten sich Holzleisten, Schrauben, Zahnräder, Werkzeuge und sogar alte Stoffstücke, die er auf Märkten gekauft hatte.


Emil war kein gewöhnlicher Mann. Er war ein Erfinder, und er trug seit seiner Kindheit einen großen Traum in seinem Herzen: Er wollte fliegen. Schon als kleiner Junge hatte er Vögel stundenlang beobachtet, wie sie elegant durch die Lüfte segelten. Besonders die Schwalben faszinierten ihn, denn sie konnten so schnell die Richtung ändern, als würden sie die Luft selbst beherrschen.


Manchmal lag er auf der Wiese, blickte nach oben und dachte: „Wenn die Natur so etwas Wunderbares erschaffen kann, dann muss es auch für uns Menschen einen Weg geben.“


In seiner Werkstatt experimentierte Emil Tag und Nacht. Er hatte gelernt, dass Vögel nicht einfach mit den Flügeln schlagen, sondern dass ihre Flügel eine besondere Form haben. Diese Form nennt man „aerodynamisch“, und sie sorgt dafür, dass die Luft über die Flügel schneller strömt als darunter.


Dadurch entsteht ein Auftrieb, der sie trägt. „Luft ist unsichtbar, aber sie hat Kraft,“ erklärte Emil sich selbst, während er seine Ideen aufzeichnete.


Sein erstes Fluggerät sah ein wenig aus wie ein riesiger Drachen. Es bestand aus einem Holzgestell, über das er Leinenstoff spannte. Er schnallte es sich auf den Rücken und rannte auf einer Wiese los. Doch kaum hatte er abgehoben, da fiel er schon wieder ins Gras. Emil stand auf, klopfte sich den Staub von der Kleidung und lachte.


„Jeder Vogel fällt am Anfang aus dem Nest,“ sagte er und machte sich sofort Notizen.


Nach und nach verbesserte er seine Erfindung. Er fügte Gelenke ein, damit er die Flügel bewegen konnte. Er baute einen leichten Rahmen, damit es nicht zu schwer wurde.


Schließlich erfand er sogar eine Art Schwanzflosse, ähnlich wie ein Ruder, damit er die Richtung kontrollieren konnte. Er hatte beobachtet, dass Vögel beim Landen ihre Schwänze ausbreiten, um langsamer zu werden.


Doch Emil wusste auch, dass Theorie allein nicht reicht. Er kletterte auf kleine Hügel, probierte seine Konstruktionen aus, fiel hin, stand wieder auf und überlegte, was er beim nächsten Mal besser machen konnte.


Manchmal kam er mit zerrissener Hose oder schmutzigen Händen zurück, aber er war nie entmutigt. „Fehler sind die Stufen auf der Treppe zum Erfolg,“ sagte er oft, und er glaubte fest daran.



Die Kinder der Stadt beobachteten ihn neugierig. Sie sahen, wie er wieder und wieder rannte, sprang und fiel. Anfangs lachten einige, doch bald merkten sie, dass Emil nicht aufgab.


Sie bewunderten seine Ausdauer und fragten ihn: „Warum gibst du nicht auf, Emil?“ 


Und er antwortete: „Weil Träume nicht von selbst wahr werden. Man muss ihnen Flügel bauen.“


An einem warmen Sommerabend war es endlich so weit. Emil hatte sein neuestes Modell fertiggestellt. Die Flügel waren vorne breit und hinten schmal, mit Stoff bespannt, der straff gespannt war wie ein Segel. Er kletterte auf den höchsten Hügel nahe der Stadt.


Der Wind wehte sanft, die Sonne färbte den Himmel golden, und die Kinder liefen ihm nach, um zuzusehen. Emil schnallte sich sein Gerät an, atmete tief ein und rief: „Jetzt oder nie!“


Er rannte los, breitete die Flügel aus und sprang. Zuerst sackte er ein Stück nach unten, doch dann fing der Wind die Flügel auf. Er glitt durch die Luft, schwebte einige Meter weit und landete sanft im Gras.


Für die Kinder sah es aus, als wäre er wirklich geflogen. Jubel brach aus, und sie riefen: „Du hast es geschafft, Emil!“


Emil selbst fühlte sich frei wie nie zuvor. Sein Herz klopfte, seine Hände zitterten, und ein großes Lächeln lag auf seinem Gesicht. Es war kein langer Flug wie bei den Vögeln, aber es war der Beweis, dass er auf dem richtigen Weg war. Er war der erste Mensch in der Stadt, der sich vom Boden erhoben hatte, nur mit der Kraft des Windes und seiner Erfindung.


Von diesem Tag an wurde Emil nicht nur als Erfinder bekannt, sondern auch als Lehrer. Er zeigte den Kindern, wie man die Natur beobachten konnte, um ihre Geheimnisse zu verstehen.


Er erklärte ihnen, warum Vögel hohle Knochen haben, damit sie leichter sind, und warum Flugzeuge Flügel besitzen, die nach oben gebogen sind. Er erzählte von Auftrieb, Luftströmungen und sogar von der Bedeutung des Gleichgewichts.


„Wissen,“ sagte er, „ist wie ein Schlüssel. Es öffnet Türen, von denen man vorher nicht wusste, dass sie existieren.“


Die Kinder hörten ihm gespannt zu und stellten viele Fragen. Manche bauten kleine Papierflieger und probierten sie auf der Wiese aus. Emil lachte, half ihnen beim Falten und erklärte, warum manche Flieger weit segelten und andere sofort zu Boden gingen.


Abends, wenn die Stadt still wurde und nur noch die Grillen zirpten, stand Emil oft am Fenster und blickte zum Himmel. Die Sterne funkelten, und er flüsterte leise: „Eines Tages werde ich noch höher fliegen, vielleicht sogar zu den Sternen.“ 


Dann legte er sich schlafen, zufrieden mit dem, was er bereits erreicht hatte, und voller Hoffnung auf alles, was noch kommen würde.


So wurde Emil zum Vorbild für viele Kinder und Erwachsene. Er zeigte ihnen, dass man träumen darf, dass man Fehler machen darf und dass Neugier und Geduld Flügel verleihen können. Und wer weiß, vielleicht inspirierten seine Versuche irgendwann jemanden, die ersten richtigen Flugzeuge zu bauen, die nicht nur über Hügel segelten, sondern ganze Kontinente überquerten.


Denn jeder große Traum beginnt mit einem kleinen Sprung – und Emil hatte diesen Sprung gewagt.

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