Wenn die Sonne "Gute Nacht" sagt - eine Geschichte mit Erklärungen
- Michael Mücke

- vor 1 Stunde
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Am Rand eines kleinen Dorfes stand ein Haus mit warmen Fenstern und einem Garten voller duftender Blumen. In diesem Haus lebte ein Kind namens Lina, das den Abend besonders liebte, weil dann alles langsamer und weicher wurde.
Wenn der Himmel sich färbte und die Sonne tiefer sank, setzte sich Lina gern ans Fenster und beobachtete die Welt. Die Vögel flogen ruhiger, die Katzen suchten gemütliche Plätze, und selbst die Bäume schienen still zuzuhören. Lina spürte dabei eine freundliche Ruhe, die sich wie eine Decke um den Tag legte.
An diesem Abend leuchtete die Sonne besonders sanft und schickte goldene Streifen über die Dächer. Lina stellte sich vor, dass die Sonne allen Dingen zum Abschied zunickte. Die Blumen im Garten schlossen langsam ihre Blätter, als würden sie schlafen lernen.
Der kleine Bach hinter dem Haus murmelte leiser, damit niemand gestört wurde. Sogar die Wolken zogen bedächtig, als hätten sie alle Zeit der Welt.
Plötzlich hörte Lina eine freundliche Stimme, die ganz nah klang und doch von weit her kam. „Ich sage nun Gute Nacht zu dir und zu allem, was ich heute gesehen habe.“ Lina schaute erstaunt um sich, doch niemand war im Zimmer.
Die Stimme klang warm wie Licht auf der Haut. Sie verstand, dass die Sonne selbst gesprochen hatte, bevor sie hinter den Hügeln verschwand.
Die Sonne erzählte weiter, während sie langsam sank. „Wenn ich mich ausruhe, passt der Mond auf die Träume auf.“
Lina lächelte, denn sie mochte den Mond mit seinem silbernen Schein. Sie stellte sich vor, wie der Mond leise über den Himmel wanderte und die Träume sortierte. Gute Träume legte er nach vorn, ruhige Träume in die Mitte, und lustige Träume hüpfte er ganz nach oben. So fand jedes schlafende Kind genau das, was es brauchte.
Als die Sonne ganz verschwunden war, füllte sich der Himmel mit ersten Sternen. Jeder Stern funkelte anders und erzählte eine eigene kleine Geschichte. Einer blinkte besonders freundlich und schien Lina zuzuzwinkern. Lina winkte zurück und fühlte sich gesehen.
Die Nacht war nicht dunkel und fremd, sondern freundlich und schützend.
Im Garten raschelte es leise, weil ein Igel seinen Weg suchte und dabei sehr vorsichtig war. Die Gräser bewegten sich wie ein sanfter Teppich unter seinen Füßen.
Aus der Ferne klang das leise Läuten einer Kirchturmuhr, die den Abend begrüßte. Alles wirkte geordnet und friedlich, als hätte die Welt einen Plan für die Nacht. Lina atmete tief ein und aus und genoss diesen Moment sehr.
Dann kam Mama ins Zimmer und setzte sich neben Lina auf das Bett. Sie strich sanft über Linas Haare und schaute ebenfalls aus dem Fenster. „Der Tag hat gute Arbeit geleistet und darf nun schlafen gehen.“
Lina nickte zustimmend, denn auch sie fühlte sich müde und zufrieden. Die Worte klangen wie eine Einladung zum Ausruhen.
Mama erzählte leise weiter, wie die Sonne auf der anderen Seite der Welt wieder jemanden begrüßte. Dort begann gerade ein neuer Morgen mit frischen Farben und fröhlichen Geräuschen. Lina fand den Gedanken schön, dass alles miteinander verbunden war. Während hier geschlafen wurde, wachten andere auf und freuten sich auf ihren Tag. So hatte jeder Zeitpunkt seinen eigenen Zauber.
Der Mond stand nun höher und warf ein mildes Licht ins Zimmer. Die Möbel sahen plötzlich anders aus, als wären sie Teil eines stillen Märchens. Der Schrank wurde zu einem Hügel, der Teppich zu einer weichen Wiese, und das Bett fühlte sich an wie ein kleines Boot.
Lina stellte sich vor, wie sie auf diesem Boot durch ruhige Träume glitt. Das Wasser war glatt und freundlich, und nichts störte die Reise.
Leise erklang noch einmal die Stimme der Sonne, ganz weit entfernt und doch klar. „Schlafe gut, kleines Leben, und sammle neue Träume.“
Lina schloss die Augen und ließ die Worte in sich nachklingen. Sie fühlte sich geborgen und sicher, als würde die Nacht auf sie aufpassen. Die Sterne funkelten weiter und hielten still die Wache.
Der Atem wurde ruhiger und gleichmäßiger, während die Gedanken langsamer wurden. Bilder von Blumen, Sternen und warmem Licht schwebten durch Linas Kopf. Jeder Gedanke war weich und freundlich und durfte kommen und gehen. Die Nacht breitete ihre Ruhe aus und schenkte Erholung.
So endete der Tag, als die Sonne Gute Nacht sagte und die Welt in sanftes Schweigen hüllte. Lina schlief ein mit einem Lächeln im Gesicht und einem Herzen voller schöner Bilder.
Die Nacht blieb still und freundlich bis zum nächsten Morgen. Und irgendwo bereitete sich die Sonne schon darauf vor, bald wieder Hallo zu sagen.




