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Das mutige Chamäleon, das seine Farbe verlor - Gute-Nacht-Geschichte

  • Autorenbild: Michael Mücke
    Michael Mücke
  • 7. Juni
  • 5 Min. Lesezeit
Lilo das Chamäleon sitzt im Dschungel

Es war einmal in einem üppigen, grünen Dschungel, tief im Herzen eines weiten Landes, ein kleines Chamäleon namens Lilo. Der Dschungel war ein Ort voller Leben, an dem riesige Bäume in den Himmel ragten, bunte Vögel durch die Luft flogen und viele Tiere in den Flüssen schwammen.


Doch das Besondere an Lilo war, dass er inmitten all der Farben und Wunder des Dschungels die Fähigkeit besaß, seine Farbe jederzeit zu ändern.


Lilo konnte sich so gut tarnen, dass er fast unsichtbar war. Wenn er auf einem grünen Blatt lag, war er genauso grün. Wenn er an einem Baumstamm saß, nahm er die braune Farbe des Holzes an.


Die Tiere des Dschungels bewunderten ihn dafür. "Lilo, du bist der Meister der Tarnung!", sagten die Affen, "Kein anderes Tier kann sich so gut verstecken wie du!"


Lilo war stolz auf seine Fähigkeit, doch tief in seinem Herzen fühlte er sich manchmal ein wenig einsam.


Er fragte sich oft: "Bin ich nur meine Farbe? Was passiert, wenn ich einmal keine Farbe mehr habe? Was bleibt dann von mir?" 


Aber das wollte Lilo niemandem erzählen. Er hatte Angst, dass die anderen Tiere ihn nicht verstehen würden. So lebte er weiter, immer in der Hoffnung, dass er eines Tages etwas anderes finden würde, das ihm half, sich selbst besser zu verstehen.


Eines Morgens, als der Dschungel von den ersten Sonnenstrahlen erleuchtet wurde, fühlte Lilo plötzlich einen seltsamen Wind. Der Wind wehte sanft durch das dichte Blätterdach und brachte die Bäume zum Rauschen. Doch dieser Wind war anders als alle anderen, die Lilo je gespürt hatte. Er war kühl, fast schon beunruhigend.


"Etwas ist nicht in Ordnung", dachte Lilo und schlich vorsichtig in den Dschungel hinein.


Plötzlich hörte er ein schwaches, ängstliches Geräusch. Es kam aus einem kleinen Busch, der sich in der Nähe eines klaren Teiches befand. Lilo näherte sich leise und lugte vorsichtig hinter den Ästen hervor.


Was er sah, erschreckte ihn: Ein kleiner Vogel war in einem dichten Netz von Ranken und Ästen gefangen. Der Vogel flatterte verzweifelt und versuchte, sich zu befreien, doch die Ranken hielten ihn fest. "Oh nein!" dachte Lilo, "Er kann sich nicht befreien!"


Lilo wusste, dass er schnell handeln musste. Er hatte noch nie zuvor einem anderen Tier geholfen, aber in diesem Moment spürte er etwas in seinem Inneren. "Ich muss etwas tun!" dachte er entschlossen. Ohne zu zögern kroch er zwischen den Ästen hindurch und näherte sich dem gefangenen Vogel. Der Vogel sah Lilo mit großen, ängstlichen Augen an.


"Bitte hilf mir, lieber Chamäleon!" rief der Vogel verzweifelt. "Ich kann nicht mehr entkommen!"


Lilo streckte seine kleinen Füße aus und begann vorsichtig, die dichten Ranken und Äste zu durchtrennen. Es war eine schwierige Aufgabe, und Lilo musste sich besonders anstrengen, um die dickeren Zweige zu knacken. Aber er wusste, dass er nicht aufgeben durfte. Der Vogel war in Gefahr. "Keine Sorge, kleiner Vogel", flüsterte Lilo, "Ich werde dich retten."


Mit einem letzten Ruck löste sich der letzte Ast, und der Vogel war frei. "Danke, danke, du hast mir das Leben gerettet!" jubelte der Vogel, während er in die Luft schoss und sich fröhlich im Kreis drehte. Lilo lächelte, doch plötzlich spürte er, wie etwas Seltsames passierte. Ein starker Windstoß fegte durch den Dschungel, und Lilo begann, seine Farbe zu verlieren.


Zuerst wurde sein Körper grau, dann schimmerte er in einem blassen, fast durchsichtigen Weiß. "Was passiert mit mir?" dachte Lilo erschrocken. "Ich verliere meine Farbe!"


Der kleine Vogel, der gerade wieder ruhig am Rande des Teiches saß, flog zu Lilo hinüber und betrachtete ihn mit einem nachdenklichen Blick.


"Lilo, keine Sorge," sagte der Vogel sanft, "Vielleicht bedeutet es einfach, dass du nun einen neuen Weg finden musst, dich selbst zu zeigen." Lilo blickte traurig auf seinen leeren Körper. Er war nicht mehr das bunte Chamäleon, das er früher gewesen war. "Ich bin nicht mehr der, der ich war", dachte Lilo verzweifelt.


Doch der Vogel fuhr fort: "Wahre Farben kommen nicht von außen, sondern von innen. Du musst dir selbst zeigen, wer du wirklich bist." Lilo dachte über die Worte des Vogels nach, doch er konnte immer noch nicht verstehen, was sie bedeuteten.


Der Vogel flog auf einen Ast und sprach weiter: "Lilo, du hast gerade Mut gezeigt. Du hast einem anderen Tier geholfen, ohne zu zögern. Deine wahre Stärke liegt nicht in deiner Farbe, sondern in deinem Mut und deinem Herz."


Lilo nickte, aber etwas in ihm fühlte sich immer noch unsicher. Was, wenn er nie wieder seine alte Farbe zurückbekam? Was, wenn die anderen Tiere ihn nicht mehr erkannten? "Ich möchte wieder bunt sein", dachte Lilo und fühlte sich plötzlich sehr klein und verletzlich.


Entschlossen, eine Antwort zu finden, machte sich Lilo auf den Weg zu den weisesten Tieren des Dschungels. Zuerst traf er die alte Schildkröte, die immer in der Nähe des alten Baumes lebte. Sie war bekannt für ihre Weisheit. "Schildkröte, warum habe ich meine Farbe verloren?" fragte Lilo. Die Schildkröte hob langsam den Kopf und sah ihn mit ihren tiefen Augen an.


"Du hast deine äußeren Farben verloren, weil du dich selbst finden musst. Dein wahres Selbst, Lilo, kommt nicht von der Farbe deines Körpers. Es kommt von dem, was du tust und wie du dich der Welt zeigst."


Lilo dachte darüber nach. "Also ist der Mut, den ich gezeigt habe, wirklich das, was zählt?" fragte er vorsichtig. Die Schildkröte nickte weise. "Genau. Du musst dich nicht in deine Farben flüchten. Dein Herz ist es, das zählt."


Lilo wollte noch mehr verstehen, also ging er weiter. Er traf einen starken Löwen, der in der Nähe des Flusses ruhte.


"Mut ist nicht die Abwesenheit von Angst", erklärte der Löwe mit tiefer Stimme, "Mut bedeutet, sich der Angst zu stellen und trotzdem zu handeln." Lilo nickte. "Ich verstehe. Also geht es nicht nur darum, wie ich aussehe, sondern was ich tue, wenn es darauf ankommt."


Lilo war nun entschlossener denn je, sein wahres Selbst zu finden. Er lernte von den Tieren des Dschungels, dass es nicht die äußeren Dinge waren, die ihn ausmachten. Der Mut, anderen zu helfen, die Stärke, seinen Ängsten zu begegnen, und die Bereitschaft, für das Richtige einzutreten – das waren die wahren Farben, die in ihm leuchteten.


Eines Tages, als Lilo am Rande des Teiches saß und nachdachte, spürte er plötzlich ein vertrautes Kribbeln. Die Sonne ging gerade auf, und die ersten Strahlen fielen auf sein Gesicht. Langsam begann sich Lilos Körper zu verändern. Zuerst tauchten kleine grüne Flecken auf, dann wurden sie größer und bunter. Bald war er ein wunderschöner

Regenbogen, der in allen Farben des Dschungels glänzte. Aber es war nicht wie früher. Lilo hatte jetzt nicht nur äußere Farben – er strahlte auch innerlich.


"Ich habe meine wahre Farbe gefunden", sagte Lilo mit einem Lächeln. "Und sie kommt von meinem Herzen."


Von diesem Tag an war Lilo nicht mehr nur das Chamäleon, das sich perfekt tarnen konnte. Er war das Chamäleon, das seine wahre Stärke und seinen Mut entdeckte und niemals mehr aufhörte, zu wachsen. Und so lebte er glücklich im Dschungel, immer bereit, anderen zu helfen, immer mutig und immer stolz auf seine wahre Farbe – die des Mutes und der Stärke.

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