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Vampirchen Violetta will schlafen - Gute-Nacht-Geschichte

  • Autorenbild: Michael Mücke
    Michael Mücke
  • 26. Juni
  • 4 Min. Lesezeit
Violetta schwebt müde durch den Wald

Tief in einem alten, moosbewachsenen Baum, mitten im geheimnisvollen Düsterwald, lebte das kleine Vampirchen Violetta. Ihre Flügel waren schwarzviolett wie der Nachthimmel kurz vor Mitternacht, und ihre Zähnchen blitzten nur ein bisschen, wenn sie lachte. Violetta war ein ganz besonderes Vampirchen: neugierig, mutig, manchmal etwas stur – und sie hatte ein Problem.


Sie konnte einfach nicht einschlafen.


Dabei war es längst Mitternacht, und alle anderen Waldbewohner schnarchten bereits leise: Die Fledermäuse hingen kopfüber in den Baumwipfeln, die Eulen hatten die Augen geschlossen, selbst die Glühwürmchen hatten ihre Lichter gedimmt.


Nur Violetta lag wach in ihrem Hängesack aus Spinnwebseide, drehte sich von einer Seite zur anderen und starrte auf das funkelnde Fensterloch in der Baumrinde.

„Ich bin so müde wie ein schlapper Wurm,“ murmelte sie, „aber mein Kopf denkt einfach weiter und meine Flügel wollen nicht stillhalten.“


Sie stopfte sich das Kissen fester unter den Kopf, wickelte sich in ihre Decke, zählte rückwärts von hundert... aber nichts half. Plötzlich machte es KRACK-KNACK! draußen im Gebüsch. Violetta setzte sich auf.


„Ein Abenteuer vielleicht?“, flüsterte sie hoffnungsvoll. Denn sie wusste: Manchmal wird man erst müde, wenn man etwas wirklich Aufregendes erlebt hat.


Also kroch sie aus ihrem Schlafsack, zog sich ihre Nachtschuhe an – kleine, weiche Stiefel aus Pilzleder – und flatterte hinaus in die kühle Nacht.


Die Dunkelheit roch nach feuchtem Moos, altem Holz und einer Prise Magie.

Zuerst begegnete sie einer Gruppe tanzender Glühwürmchen. Sie trugen winzige Mützchen und surrten in einem Kreis um einen Pilz, der blau glühte. Violetta schwebte näher und fragte freundlich: „Darf ich mit euch tanzen?“


„Nur wenn du weißt, wie man rückwärts im Kreis lacht!“, antwortete das größte Glühwürmchen, dessen Mütze schief saß.


Violetta kicherte, drehte sich rückwärts und lachte so laut, dass ein Käuzchen aufwachte und verwirrt aus dem Baum glotzte. Die Glühwürmchen juchzten, und dann begannen sie zu tanzen. Es war ein wilder, glitzernder Tanz voller Drehungen, Luftsprünge und kleinen Lichtblitzen, die wie Sternenstaub in der Luft hingen.


Nach dem Tanz schwankte Violetta ein wenig. „Jetzt… bin ich bestimmt müde.“

Aber kaum hatte sie das gesagt, flatterte ihr Herz schon wieder schneller. Ihre Gedanken sprangen hin und her. Sie war aufgeregter als zuvor. Also flog sie weiter.


Je tiefer sie in den Düsterwald kam, desto seltsamer wurden die Dinge. Die Bäume flüsterten ihren Namen, als sie vorbeiflog. Kleine Augenpaare leuchteten aus dem Unterholz. Irgendwo spielte jemand eine winzige Geige. Es klang traurig, aber schön.

Violetta landete auf einem dicken Ast und rief: „Hallo? Wer spielt da?“


Da trat eine Waldhexe aus dem Schatten. Sie war nicht böse – im Gegenteil, sie sah aus wie ein zerzauster Pilz mit einer großen Brille. In ihrer Hand hielt sie ein Instrument, das halb Geige und halb Spinnennetz war.


„Ich spiele das Lied der alten Träume,“ sagte sie mit krächzender Stimme. „Aber es bringt nur den Schlaf, wenn man bereit ist, loszulassen.“

„Loslassen? Aber was denn?“, fragte Violetta verwirrt.


„Deine Fragen, deine Gedanken, deine Abenteuerlust. Der Schlaf kommt nur, wenn du ihn nicht mehr suchst.“


Das klang für Violetta wie ein Rätsel. Und Rätsel mochte sie.

„Gibt es noch jemand, der mir helfen kann?“, fragte sie.


Die Hexe nickte. „Der Sandmann der Schatten. Ihn musst du finden. Er kennt den Weg zum echten Schlaf.“


„Und wo finde ich ihn?“


„Im Turm der träumenden Uhren, jenseits der Nebelwiese. Doch Vorsicht: Die Zeitkatze bewacht ihn.“


Violetta bedankte sich und flatterte los, vorbei an flüsternden Bäumen, über die silberne Schlucht der Seufzer und durch ein Feld aus schimmerndem Dunst.


Die Nebelwiese war still wie ein vergessenes Lied. Kein Wind, kein Tier, kein Laut. Nur der Nebel bewegte sich – wie ein lebendiger Teppich. Und mittendrin ragte der Turm der träumenden Uhren auf, schief wie ein alter Zahn, gebaut aus Uhrwerken, Zahnrädern und kichernden Kuckucksuhren.


Violetta schlich vorsichtig hinein.


Drinnen war es seltsam gemütlich: überall hingen Uhren – riesige Standuhren mit goldenen Pendeln, winzige Taschenuhren, Wasseruhren, Sanduhren, sogar eine Uhr, die mit flüsternden Federn tickte.


Doch mitten im Raum lag sie – die Zeitkatze. Riesengroß, schwarzgrau getigert, mit Augen, die wie vergessene Minuten blitzten. Sie schnurrte tief, aber als Violetta einen Schritt machte, hob sie den Kopf.


„Wer wagt es, in der Zeit zu schnüffeln?“, fauchte sie.


„Ich… ich suche den Sandmann der Schatten,“ stotterte Violetta. „Ich kann nicht schlafen.“


Die Katze betrachtete sie eine Weile und sagte dann: „Wer den Schlaf sucht, muss leise genug sein, um ihn zu hören.“ 


Dann senkte sie wieder den Kopf und schlief ein.

Ganz vorsichtig schlich Violetta weiter – bis sie ihn fand: Den Sandmann. Er saß auf einem Hocker aus Mondholz, trug einen Umhang aus Nachthimmelstoff, und seine Augen funkelten wie Sternenstaub.


„Kleines Vampirchen,“ sagte er mit tiefer Stimme, „du hast getanzt, gestaunt, gerätselt und Mut gezeigt. Nun darfst du ruhen.“


Er öffnete eine kleine Phiole mit dunklem, glitzerndem Nebel. „Atme tief ein. Und denk an das, was dein Herz warm macht.“


Violetta schloss die Augen. Sie dachte an ihre Baumhöhle. An die Stimme ihrer Mama, die ihr manchmal ein Lied summte.


An das Gefühl von Daunenkissen, warme Fledermausmilch mit Honig und den Duft von Nachtblumen.

Der Sandmann streute eine Handvoll Sternenstaub über ihr Haupt. Es fühlte sich an wie ein zarter Kuss auf die Stirn.


„Du bist jetzt bereit.“


Violetta öffnete langsam die Augen. Ihre Flügel waren schwer, aber auf die gute Art. Sie lächelte müde.


Der Heimflug war ein sanftes Schweben. Kein Wind mehr. Keine Gedanken. Nur das Gefühl, dass alles gut war.


Zuhause angekommen, kletterte sie in ihren Hängesack, zog sich die Decke bis zur Nasenspitze und schloss die Augen. Kein Drehen mehr, kein Flattern, kein Grübeln.


„Gute Nacht, Welt…“, murmelte sie.


Und diesmal kam der Schlaf ganz von allein.

Sanft. Warm. Und leise wie ein Traum.


Ende.


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