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Rettungssanitäter Jacky Jaguar, unterwegs im Rettungswagen - Gute-Nacht-Geschichte

  • Autorenbild: Michael Mücke
    Michael Mücke
  • 2. Juni
  • 4 Min. Lesezeit

Jacky steht mit Rettungstasche vor dem Rettungswagen

In der geschäftigen Stadt Tieropolis, einer modernen Metropole, in der Tiere aller Arten zusammen lebten, arbeiteten und ihre eigenen Regeln und Systeme entwickelt hatten, fuhr täglich ein ganz besonderer Rettungswagen durch die Straßen. Er gehörte keinem gewöhnlichen Sanitäter – er gehörte Jacky Jaguar, dem erfahrenen und zuverlässigen Notfallsanitäter der Tierischen Notfallhilfe, Station Nord.


Jacky war kräftig gebaut, sein schwarzes Fleckenmuster schimmerte im Licht der Morgensonne, wenn er früh sein kleines Apartment im dritten Stock eines Backsteinbaus verließ. Er lebte allein, aber nie einsam. Jacky war bekannt in der ganzen Stadt – nicht, weil er auffallen wollte, sondern weil er zuverlässig war, schnell reagierte und seine Arbeit mit Hingabe machte.


Jeden Morgen bereitete er sich sorgfältig vor. Er trank grünen Tee mit frischer Minze, kontrollierte seine Einsatzstiefel und legte sich seine orangefarbene Weste mit reflektierenden Streifen an. Dann trat er in den Hof, wo sein Rettungswagen bereits bereitstand – ein stark gebauter Spezialtransporter mit Geländereifen, einem großen Lichtbalken auf dem Dach, mehreren Scheinwerfern, einer Rundumkamera und einer Rampe für Tierpatienten aller Größen.


„Rolle, mein Freund, heute retten wir wieder Leben,“ sagte Jacky leise, klopfte gegen die Kühlerhaube und startete den Motor. Rolle, wie Jacky seinen Rettungswagen nannte, brummte zufrieden los. Jacky fuhr zur Rettungswache im Stadtteil Nordpfote, wo sein Tag offiziell begann.


An diesem Vormittag war es ungewöhnlich heiß. Die Luft vibrierte über dem Asphalt, und viele Tiere suchten Schatten unter Haltestellen, Bäumen oder großen Werbeschildern. Jacky hatte gerade mit seinem Kollegen, dem Koordinator-Dachs Timo, den Tagesbericht durchgesehen, als plötzlich das Funkgerät laut knackte.


„Zentrale an Einheit 5, medizinischer Notfall am Stadtplatz bei der großen Uhr. Ein Biber ist zusammengebrochen, kein Unfall, vermutlich Kreislaufkollaps. Ersthelfer vor Ort.“


Jacky stand sofort auf. „Einheit 5 unterwegs. Einsatz verstanden. Fahrtzeit unter vier Minuten.“ 


Er sprang in den Wagen, drehte den Zündschlüssel, schaltete das Blaulicht ein und fuhr los. Die Straßen waren voll, doch sobald die anderen Verkehrsteilnehmer das Sirenensignal hörten, machten sie Platz. Giraffen bogen ihre Hälse zur Seite, damit Jacky freie Sicht hatte, und ein Trupp Schildkröten rollte langsam aber diszipliniert zur Fahrbahnseite.


„Immer auf Sicht fahren, vorausschauend und ruhig – auch mit Sirene,“ murmelte Jacky vor sich hin. Das hatte ihm sein Ausbilder vor vielen Jahren beigebracht, und Jacky lebte danach.


Am Stadtplatz angekommen, sprang Jacky aus dem Wagen. Der Platz war voller Tiere – ein Straßenmusiker spielte leise weiter, während ein Murmeltier eine Flasche Wasser hielt und neben dem am Boden liegenden Biber kniete. Die Zebra-Polizistin Lina hatte bereits einen Bereich mit Sicherheitsbändern abgesperrt.


„Zur Seite bitte, ich übernehme,“ sagte Jacky mit ruhiger Stimme. Er kniete sich zu dem Biber, der bei Bewusstsein war, aber zitterte und kaum sprechen konnte. Der Puls war schwach, die Ohren heiß, der Blick trüb. Jacky öffnete die Tasche, legte eine kühlende Kompresse auf die Stirn des Bibers und maß den Blutdruck.


„Du hast dich übernommen. Die Hitze war zu viel, und dein Kreislauf hat nachgegeben. Ich gebe dir jetzt Sauerstoff, dann bringen wir dich ins Krankenhaus.“


Während Jacky arbeitete, redete er weiter mit ruhiger Stimme. „Atme gleichmäßig, tief durch die Nase ein, durch den Mund wieder aus. Ich bin bei dir. Du machst das gut.“


Sanft, aber zügig legte Jacky den Biber auf die Trageliege. Mit einem leichten Knopfdruck senkte sich die hydraulische Rampe des Wagens. Innen war es kühl – der Rettungswagen hatte ein eigenes Klimasystem, ideal für Notfälle bei Hitze.

Während der Fahrt sprach Jacky weiter beruhigend mit dem Biber.


„Hast du heute etwas gegessen? Wann hast du das letzte Mal getrunken? Du musst gut auf dich achten, auch wenn du beschäftigt bist.“


Der Biber antwortete schwach, aber klar: „Ich wollte den Brunnen putzen. Hab’s nicht gemerkt… wie heiß es war.“


„Du hast Glück, dass andere aufmerksam waren. Und du hattest Glück, dass es heute nicht schlimmer war.“


Am städtischen Tierkrankenhaus übergab Jacky seinen Patienten an das Team unter der Leitung von Dr. Nilson, einem alten, erfahrenen Kamel, das seit Jahrzehnten Notfälle behandelte. Nach der Übergabe trank Jacky am Empfang einen Schluck Wasser und füllte den Einsatzbericht aus. Alles wurde exakt dokumentiert: Symptome, Maßnahmen, Zeitpunkte.


Danach kehrte er zur Wache zurück. Es war später Nachmittag, die Sonne war etwas milder geworden. Jacky parkte Rolle in der Garage, reinigte die Trageliege, füllte neue Kühlkompressen in den Kühlschrank und überprüfte die Sauerstoffflaschen. Seine Arbeit endete nicht mit dem Einsatz – Vorbereitung war das A und O.


Als der Himmel langsam dunkel wurde und in der Ferne die ersten Straßenlaternen flackerten, saß Jacky allein auf der Bank vor der Wache. Neben ihm stand ein Becher Tee. Er sah den Tieren zu, die nach Hause gingen – Erdmännchen mit Einkaufstüten, ein Gepard in Uniform, ein junges Stachelschwein mit Roller.


Jacky lehnte sich zurück. Der Tag war lang gewesen, aber er hatte getan, was er konnte. Und irgendwo, in einem kühlen Krankenzimmer, lag ein Biber, der dank schneller Hilfe sicher schlafen konnte.


„Manchmal merkt man erst später, wie wichtig eine schnelle Reaktion war,“ sagte Jacky leise zu sich selbst. „Und solange ich da bin, bin ich bereit. Jederzeit.“


Der Funk war inzwischen still. Die Stadt wurde langsamer. Und Jacky Jaguar, Sanitäter in Tieropolis, schloss für einen Moment die Augen, lauschte den Geräuschen der Nacht – und wusste: Morgen würde er wieder gebraucht werden. Und er würde da sein.

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