Alaric der gutherzige Ritter
- Michael Mücke
- 24. Nov. 2024
- 4 Min. Lesezeit

Es war einmal in einem wunderschönen Königreich namens Eldoria. Dort lebte ein junger Ritter namens Alaric. Er war kein gewöhnlicher Ritter, der nach Ruhm und Reichtum strebte oder in grossen Schlachten kämpfte. Alaric war ein Ritter des Herzens, ein Mann, der mit seinem treuen Pferd Sternenwind durch das Land ritt, um Gutes zu tun.
Sternenwind war kein gewöhnliches Pferd. Seine schwarze Mähne glänzte wie die Sterne am Nachthimmel, und seine klugen, sanften Augen schienen Alarics Gedanken zu lesen. Gemeinsam waren sie unzertrennlich, und wohin sie auch gingen, sie hinterliessen Hoffnung und Freude.
Eines Tages, als die ersten Strahlen der Morgensonne durch die Bäume des Smaragdwalds schimmerten, hörte Alaric ein leises Weinen. Er hielt Sternenwind an, lauschte genauer und ritt in die Richtung, aus der das Weinen kam. Schliesslich fand er ein kleines Mädchen, das an einem Bach sass. Ihre Augen waren rot vor Tränen.
„Warum weinst du, kleine Dame?“ fragte Alaric mit einer Stimme so warm wie die Frühlingssonne.Das Mädchen schniefte und zeigte auf die Schlucht vor ihnen. „Meine Ziege, Schneeflocke, ist dort hinuntergefallen. Ich habe versucht, sie zu retten, aber der Abgrund ist zu steil!“
Alaric stieg von Sternenwind ab und betrachtete die Schlucht. Es war tatsächlich gefährlich, aber er zögerte keine Sekunde. Mit einem Seil aus seiner Satteltasche befestigte er sich an einem Baum und liess sich vorsichtig hinab. Die Ziege, die unten sass und ängstlich blökte, beruhigte sich, als Alaric sie sanft hochhob. Gemeinsam kletterten sie wieder nach oben.
Das Mädchen jubelte vor Freude, als sie Schneeflocke wieder in die Arme schliessen konnte. „Du bist mein Held!“ rief sie. Alaric lächelte bescheiden, strich der Ziege über das Fell und ritt weiter.
Am nächsten Tag kam Alaric mit Sternenwind in ein kleines Dorf, das von grünen Wiesen umgeben war. Doch etwas war anders: Die Dorfbewohner standen ratlos um einen riesigen Baum, der quer über die Hauptstrasse gefallen war.
„Was ist geschehen?“ fragte Alaric den alten Müller, der in der Menge stand. „Ein Sturm hat letzte Nacht den Baum umgeworfen. Wir können ihn nicht bewegen, und ohne die Strasse kommen wir nicht zur Mühle, um unser Getreide zu mahlen.“
Alaric betrachtete den Baum und die verzweifelten Gesichter der Dorfbewohner. „Gemeinsam schaffen wir das“, sagte er entschlossen. Er bat die Männer und Frauen, Seile und Äxte zu bringen. Während die stärksten Männer die Äste absägten, leitete Alaric die Dorfbewohner, um den Stamm mit vereinten Kräften von der Strasse zu schieben.
Nach Stunden harter Arbeit rollte der Baum endlich beiseite. Die Strasse war wieder frei! Die Dorfbewohner jubelten, und der Müller schenkte Alaric einen Sack frisch gemahlenen Weizens als Dank. Alaric lehnte höflich ab. „Behaltet ihn für eure Familien“, sagte er lächelnd und setzte seine Reise fort.
Einige Tage später erreichte Alaric die Stadt Stromfurt, die ihren Namen von dem Fluss hatte, der mitten hindurch floss. Doch der Fluss war durch heftigen Regen angeschwollen und hatte die einzige Brücke weggespült. Die Händler und Bewohner standen verzweifelt am Ufer, da sie keine Vorräte mehr in die Stadt bringen konnten.
„Wir verhungern bald, wenn der Fluss nicht überquert werden kann“, sagte ein Händler mit sorgenvollem Blick.
Alaric überlegte nicht lange. Er inspizierte die Umgebung und entdeckte in einem nahegelegenen Wald viele gefällte Baumstämme, die von einem früheren Sturm übrig geblieben waren. „Lasst uns ein Floss bauen“, schlug er vor.
Mit vereinten Kräften bauten die Stadtbewohner unter Alarics Anleitung ein stabiles Floss. Als es fertig war, half Alaric dabei, die ersten Vorräte sicher über den reissenden Fluss zu bringen. Die Menschen jubelten, als sie die Lebensmittel wieder in ihren Händen hielten.
„Du bist nicht nur ein Ritter“, sagte der Bürgermeister der Stadt, „du bist ein Retter!“ Doch Alaric winkte bescheiden ab. „Es ist meine Pflicht, zu helfen, wo ich kann.“
Alarics Reise führte ihn weiter durch das Königreich. Er reparierte Dächer, die der Wind zerstört hatte, pflanzte neue Bäume auf kargen Feldern und fand sogar einen kleinen Welpen, der sich in einem Dornenbusch verirrt hatte. Egal, wo Alaric und Sternenwind hinkamen, sie brachten Hoffnung und Freude.
Bald sprach sich im ganzen Land herum, dass ein Ritter mit einem Herzen aus Gold durch Eldoria ritt. Die Menschen begannen, sich nach Alarics Ankunft zu sehnen, denn sie wussten, dass er immer bereit war zu helfen.
Eines Nachmittags, als Alaric gerade auf einer grünen Wiese rastete und Sternenwind friedlich graste, hörte er plötzlich laute Stimmen. Er sah sich um und entdeckte eine grosse Menge Menschen, die aus allen Richtungen auf ihn zukamen. Es waren das Mädchen mit der Ziege, die Dorfbewohner vom umgestürzten Baum, die Stadtbewohner aus Stromfurt und viele andere, denen er geholfen hatte.
„Alaric!“ riefen sie, „du bist der beste Ritter, den unser Königreich je gesehen hat! Du hilfst uns, ohne etwas dafür zu verlangen. Du hast bewiesen, dass du ein wahrer Anführer bist.“
Ein älterer Mann trat vor und sagte: „Wir haben uns alle versammelt, um dich zu bitten: Werde unser neuer König! Wir brauchen jemanden wie dich, der sich um sein Volk kümmert.“
Alaric war sprachlos. „Aber ich bin nur ein einfacher Ritter“, sagte er. Doch die Menschen jubelten: „Ein guter König ist einer, der sein Volk liebt – und das tust du!“
Nach einigem Nachdenken stimmte Alaric zu, und so wurde er der König von Eldoria. Doch selbst als König blieb er bescheiden. Oft zog er noch immer mit Sternenwind durch das Land, um nach seinem Volk zu sehen.
Unter Alarics Herrschaft erblühte Eldoria. Die Menschen lebten in Frieden und Freude, denn sie wussten, dass ihr König sie nie im Stich lassen würde.
Und so endete die Geschichte von Alaric und Sternenwind – mit einem Ritter, der zum König wurde, weil er zeigte, dass wahre Stärke in Freundlichkeit und Hilfsbereitschaft liegt.
Gute Nacht, und träume süss von Abenteuern und Heldenmut!
Ende.